China und das Automobil

Ja, ja, es war mal wieder ein Podcast. Zugegeben. Es ging um Entwicklungen bzgl. Automobil in China.

Das Bild, dass gezeichnet wurde, war schon interessant. Es wurden dabei u.a. sowohl chinesische Hersteller als auch etablierte, deutsche Unternehmen verglichen. Der Beitrag ist insofern hörenswert, als dass er doch ein ziemlich ausgewogenes Bild der Automobillandschaft zeigt.

Grob zusammengefasst ergab sich folgende, wertungsfreie Lage:

  • China setzt mittelfristig zu 100% auf Elektrofahrzeuge.
  • Deutsche Hersteller haben bei der älteren Bevölkerung Chinas immer noch einen guten Ruf, bei jungen Chinesen ist „Made in China“ jedoch beliebter.
  • Die Mentalität der Chinesen setzt auf permanente Aktualität, also u.a. permanente Updates ihrer Fahrzeuge. Over-the-air-Updates sind in deutschen Fahrzeugen zwar im Kommen, sicher aber nicht mit der Geschwindigkeit, wie man sie von Smartphones her kennt.
  • Wirtschaftliches Primärziel der chinesischen Automobilindustrie ist nicht der Transfer von A nach B, sondern die erzeugten Daten.

Interessant, oder?

100% Elektromobilität

Dieser Punkt war auch in Anbetracht der Verkehrssituation in chinesischen Städten zu erwarten. Abzuwarten bleibt, wie die Bereitstellung der notwendigen Energie gelöst wird.

Elektromobilität hat natürlich auch einen gewaltigen Vorteil für die Hersteller selbst. Elektromotoren sind keine Rocket Science1 und Batterien2 mehr oder weniger auch „nur“ ein Technologietransfer3. Die Entwicklung verbrauchs- und abgasarmer Verbrennungsmotoren hingegen erfordert tatsächlich jahrzehntelange Erfahrung, allen Softwaredilettanten zum Trotz. Da macht man etablierten Automobilherstellern keiner was vor.

Es wäre also mehr als sinnvoll, die Simplifizierung durch die Elektromobilität zu nutzen, um technisch und prozessual wettbewerbsfähiger zu werden.

Made in China

Großbritannien hatte einst das Label „Made in Germany“ als Warnhinweis für potentiell schlechte Qualität eingeführt, was sich aber im Laufe der Zeit ins Gegenteil verkehrte. „Made in Germany“ war auch lange Zeit ein Kissen, auf dem man sich hervorragend ausruhen konnte. Vorschusslorbeeren. Die Zeit ist vorbei.

„Made in Germany“ war nicht nur ein Label nach außen. Auch für den Patriotismus war das Label förderlich, unterstützte man doch „inländische Arbeitnehmer“. Die Quote an tatsächlich „inländischen“ Produkten oder Anteilen an Endprodukten ist in den letzten Jahrzehnten immer stärker geschrumpft. Schaut man auf Komponenten im Auto zieht der Rotstift in Bezug auf Kosten und somit Wettbewerbsfähigkeit deutlich mehr als „Made in Germany“.

Unter diesen Betrachtungen ist ein steigendes Selbstbewusstsein gegenüber dem Label „Made in China“ nur eine Frage der Zeit gewesen. Die Qualität steigt kontinuierlich und auch mittlerweile die Kreativität in den Produkten. Grund genug für die junge Bevölkerung, stolz auf ihr Label zu sein und den Konsum in diese Richtung zu lenken.

„Made in Germany“ muss also eine neue Dimension bekommen, um gegenüber „Made in China“ eine Wertigkeit wiederzuerlangen. Neuerfindung notwendig.

Technologiementalität

Das Auto als Smart Device ist ein neuer, interessanter Blick, der erst einmal gründlich analysiert werden muss.

Vielleicht ist es wirklich notwendig, die alten Paradigmen über den Haufen zu werfen und sich die Anwendungsfälle neu zu durchdenken, die ein smartes Fahrzeug bietet!

In China amüsiert man sich – wenn man dem Podcast glauben darf – über die Bedienkonzepte der aktuellen, deutschen Fabrikate. Großbildschirme und Touchscreens haben hier noch nicht den Stellenwert, wie sie in Asien erwartet werden. Das Smartphone ist hier Referenz.

Auch aus meiner persönlichen, deutschen Sicht heraus könnte ich mir diverse Möglichkeiten der Verbesserung vorstellen, aber auch Downgrades, die das Fahrzeug derzeit über Gebühr verteuern.

Berufsbedingt sehe ich natürlich auch Risiken und Gefahren in den potentiellen Designänderungen, die aber letztlich tiefes Detailwissen über die Technologie voraussetzen und aus Laiensicht kaum logisch erscheinen.

Wirtschaftsziele

Ebenfalls interessant ist eine Aussage im Podcast, dass es den chinesischen Automobilherstellern auch immer mehr um die Daten aus dem Transport von A nach B geht. In der Quintessenz bedeutet das, Gewinnerzielung durch:

  • noch gezieltere Werbung4
  • Verkauf von Bewegungsdaten5
  • Verkauf von Umweltdaten6

Möglich, dass man in China gegenüber Werbung deutlich anders „tickt“ als in Europa – mein Glaube an die Wirksamkeit von Werbung ist eher eingeschränkt. Dass man (aktuell) damit viel Geld verdienen kann, sei dabei unbestritten.

Bewegungs- und Umweltdaten produzieren ist sicher eine Sache. Wer tritt aber als Kunde auf? Letztlich wäre das doch im Wesentlichen die öffentliche Hand. Steuermittel für Umwelt- und Bewegungsdaten setzen doch die politische Bereitschaft voraus, sie auch dafür zu investieren! Politische Bereitschaft dürfte aber kein Kontinuum darstellen!

Politische Ziele?

Schaut man auf Meldungen das Social Scoring in China betreffend, ergibt sich jedoch bei aller positiver Betrachtungsweise auch ein erschreckendes Bild.

Das Auto als Smart Device könnte Eingriffe in das Fahrzeug durch politischen Willen ermöglichen. Das betrifft dann nicht nur chinesische Fabrikate, sondern früher oder später auch den Rest der automobilen Welt.

Ich möchte die Sache gar nicht politisch betrachten oder werten, als Ingenieur sehe ich aber grundsätzliche Risiken für den Fahrbetrieb. Nicht nur, dass ein Fahrzeug in seiner Performance auf das Social Scoring des Fahrers/Eigentümers angepasst werden kann, unnötige Schnittstellen ins Fahrzeug verursachen unnötige Angriffsmöglichkeiten. Es ist eine Frage von Safety und Security.

Fazit

Ich für mich bin gespannt auf die automobile Zukunft und das, was wir daraus machen werden. Ein wichtiger Treiber wird China definitiv sein! Es muss aber auch erlaubt sein, sich gegenüber dem chinesischen Markt zu emanzipieren.

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