Fakt oder Meinung?

Mit dem Wahlkampf, der letztlich zur Präsidentschaft von Donald Trump geführt hat, also vor gut 5 Jahren, hat sich eine interessante Konvention eingestellt, Meinung = Fakt.

Welche Folgen das für unsere Gesellschaft hat – und hier brauchen wir nicht erst den Kontinent zu wechseln – sieht man deutlich.

Medien

Durch die Präsenz von Meinungen in herkömmlichen sowie sozialen Medien hat diese in den Stand von Quasi-Fakten erhoben.

War es früher die Aufgabe von Journalisten, Quellen auf Richtigkeit zu überprüfen, Quervergleiche zu ziehen und werten, hat man sich heutzutage scheinbar auf das unreflektierte Wiederholen von Aussagen zu konzentrieren.

Die Folge: Begriffe wie Lügenpresse geistern umher und sind  nicht einmal wirklich von der Hand zu weisen, auch wenn ich nicht von einer zentralen Steuerung oder Gleichschaltung aus Berlin ausgehe. Die Verquickung der Medienhäuser besteht schließlich aus rein wirtschaftlichen Gründen, nämlich eine überschaubare Anzahl an Eigentümern.

Dabei soll es aber nicht bleiben. Bisherige Qualitätsmedien werden in den Wettbewerb um Einschaltquoten mit effektheischenden Boulevard-Medien gezwungen. Schneller, öfter und unkontrollierter verbreiten sich Nachrichten auch über offizielle Kanäle, ohne, dass auf die Fehler hingewiesen wird.

Politik

In der Politik scheint sich das Problem noch nicht wirklich herumgesprochen zu haben. Fleißig werden Meinungen veröffentlicht, wo Fakten notwendig wären. Kommen dann doch mal Fakten, werden sie auf Meinungen reduziert und ihrer Bedeutung enthoben.

Dieser lapidare Umgang mit Fakten als Meinungen und Meinungen als Fakten führt zu einer Politik ohne Verantwortung, weil man sich je nach Bedarf auf die eine oder andere Interpretationsvariante zurückziehen kann.

Und so bleibt das Rückgrad immer schön geschmeidig, die Gerechtigkeitsanmutung in der Schwebe und das Gesetz bekommt in den Händen der Abgeordneten Subtext einer Richtlinie. Parley1.

Meinungsfreiheit

Eine besondere Note bekommt die Umdeutung von Fakt zur Meinung und umgekehrt unter der Anwendung der Meinungsfreiheit. Meinungsfreiheit ist aber keine Faktenfreiheit.

Falschaussagen werden immer öfter unter der Fahne der Meinungsfreiheit veröffentlicht und sind so schwer mit Restriktionen zu belegen. Was als Schutz gedacht war, hat sich zur Büchse der Pandora entwickelt, die kaum noch zu schließen ist, ohne den Verdacht zu erwecken, die Rechtstaatlichkeit mit Füßen zu treten.

Die Coronazeit gibt uns Freizeit, die wir in dieser Menge nicht gewöhnt sind, Freizeit, die wir an Tablets, Smartphones oder Computern verbringen. Filterblasen auf Basis künstlicher Intelligenz kondensieren Meinungen auf das eigene Denken und füllt uns in Konservendosen unserer Ideen ohne Blick nach Draußen.

Ausgang versperrt

Einen Ausgang aus diesem Dilemma sehe ich ehrlich gesagt auch fast keinen. Zu hart wären die Einschnitte, die erforderlich wären und durch vorauseilenden Gehorsam, Gier und Lobbysimus, bestehende Gesetze etc. blockiert sind.

Mit der Offenlegung der KI von sozialen Medien, die für Filterblasen verantwortlich sind, wäre schon mal ein Anfang gemacht. Gleiches wäre natürlich auch für die Werbemaßnahmen sinnvoll, die uns Zeit und somit Geld stehlen.

Die Macht von Medienhäusern wäre in meinen Augen längst ein Fall für eine kartellrechtliche Überprüfung, die Bewertung von öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten nach Einschaltquoten dürfte ebenfalls überdacht werden.

Widerspruch gegen Fakten, die wissenschaftlich fundiert sind, dürften nicht unter die Meinungsfreiheit gestellt werden, sondern müsste im Gegenteil zumindest unter Strafandrohung stehen. Auch die Finanzierung von Lobbyisten, Verbänden, meinungsprägenden Stiftungen und ihre Bedeutung anhand der Mitgliederzahl wäre in meinen Augen eine Möglichkeit, in die bestehende Falschinformationslage einzugreifen.

Fakten vs. Meinungen sind ein spannendes Feld, dass noch vieler Überprüfungen bedarf.

 

2 Replies to “Fakt oder Meinung?”

  1. Ich denke das Problem fängt schon viel früher an. Ich beobachte viele Sprachschlampigkeiten wo aus einer Annahme eine Aussage wird und durch die Aussage wird das dann eine Tatsache. Dazu die mathematische Schlampigkeit, wenn aus einer hohen Wahrscheinlichkeit eine Tatsache wird. EIne große bunte Zeitschrift hat immer mit Fakten, Fakten Fakten geworben und hat doch hauptsächlich Meinung verbreitet. Viele Begriffe werden synonym verwendet, obwohl sie es gar nicht sind.
    Ich wünsche mir mehr Achtsamkeit und Präzision in der Sprache und arbeite an einer gendergerechten, gewaltfreien Kommunikation bei mir.

    1. Das Thema Gendern sehe ich als das Feigenblatt, dass das eigentliche Problem überdeckt, die strukturelle Missachtung der Frauen.

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