Mandat ohne Fachkenntnis

Minister ohne Sachkenntnis sind derzeit eher die Regel als die Ausnahme, was auch nicht wirklich verwunderlich ist, wenn man mal auf die Berufe der Kandidaten schaut. Juristen, Lehrer, Politikwissenschaftler machen das Gros der Abgeordneten aus.

Aber was, wenn die Themen der Ministerien Sachkenntnis erfordern?

Der Verkehrsminister ist Lehrer, der Gesundheitsminister Buchhalter, der Wirtschaftsminister hat nie in der Wirtschaft gearbeitet, die Verteidigungsministerin ist Politikwissenschaftlerin. Aufgrund unseres politischen Systems ist das erst einmal nicht zu vermeiden. Die Minister werden nun mal aus den Abgeordneten rekrutiert.

Aber: Die Arbeit wird ja nicht von den Ministern erledigt, sie sind „lediglich“ die Köpfe, die eine Richtung vorgeben und letztlich mit ihrer Unterschrift die Ergebnisse vorlegen.

Wie kommt es nun zu den ominösen Beratern, die scheinbar massenhaft Geld absaugen?

Für mich1 ergeben sich drei potentielle Ursachen:

fehlende Kapazitäten

Fehlende Kapazitäten sind die vergleichsweise beste und höflichste Argumentation für externe Mitarbeiter, wenn sie auch zumindest mittelfristig für Missmanagement steht.

Im Normalfall sollten die Mitarbeiter eine gute Auslastung haben, realistisch wird aber eher eine Überlastung sein, die weder das spontane Reagieren auf Probleme erlaubt noch den Kopf für Kreativität freigibt.

Während in Unternehmen zwischen Personal- und Projektkosten unterschieden und durch Leiharbeit umpriorisiert werden kann, sollte in Ministerien oder Behörden dieses Hilfsmittel nicht notwendig sein.

Das Missmanagement bezieht sich also darauf, dass Minister nicht ausreichend für Stellen sorgen.

fehlendes Know-How

Hier wird es allerdings schon langsam peinlich. Stellt man Mitarbeiter lediglich nach dem Kriterium ein, sich in der Verwaltung auszukennen, wird es bei Fachthemen schnell eng.

Problematisch bei Fachthemen ist natürlich, dass man sie nur schwer nachvollziehen kann, wenn entsprechende Kenntnisse fehlen. Und – zugegeben – Fachleute nerven und haben mindestens zwei Meinungen.

Nimmt man jetzt also Berater, die sich in Verwaltung auskennen, hat man von fachlicher Seite nichts gekonnt. Werden Berater eingesetzt, die sich in Fachthemen auskennen sollen, ist man zum Einen auf Gedeih und Verderb auf deren Expertise angewiesen, zum Anderen können sie nur schwer überprüft werden. Ein Teufelskreis.

Im Prinzip bräuchte man Berater von mindestens zwei unabhängigen Firmen, die sich gegenseitig inhaltlich überwachen. Hm.

Provision oder Vorteilsnahme

Hier wird es richtig schmutzig. Es ist eigentlich erstaunlich, dass die Beratergeschäfte bisher so relativ skandalfrei abgelaufen sind. Zwar wurden Beraterverträge moniert, aber scheinbar nie auf „Randerscheinungen“ wie Geldflüsse überprüft.

Was mich ebenfalls erstaunt, ist die Tatsache, dass die großen Namen in der Beratungsbranche erstaunlich oft in unterschiedlichsten Themen erwähnt werden. Ganz ehrlich, eine solche Bandbreite an Themen erfordert schon eine extreme horizontale Diversifikation im Beratungsgeschäft. Das ist in meinen Augen entweder unrentabel oder man stellt lediglich genauso fachlich uninformierte Mitarbeiter ohnen nennenswerten Mehrwert, Verwaltungsexperten ohne Hintergrundwissen.

Ein „G’schmäckle“ ergibt sich natürlich, wenn sich bei den teueren Beratungskanzleien auf einmal Verwandtschaftsbeziehungen zu Ministern finden. Aber nein, das ist Zufall. Ganz nebenbei, dass die großen Beraterfirmen den europäischen Vergaberichtlinien entsprechend die günstigsten Preise aufrufen sollen, geht mir nicht so ganz auf. Sollte es hier etwas Schlupflöcher geben?

Das in einigen Ministerien erforderliche Know-How kann als „freies Fachwissen“ angesehen werden, etwa im Bereich Gesundheit, Digitalisierung, vielleicht auch Verkehr oder Wirtschaft. Auf dem „freien Arbeitsmarkt“ gibt es diverse, gut ausgebildete Arbeitnehmer, die sich eine gute Expertise aufgebaut haben.

Was sich mir nicht erschließt, ist, wie im Bereich Militär externe Berater tatsächlich einen Mehrwert erarbeiten können, geht es doch sowohl um Material, das auf dem freien Markt besser nicht zu erstehen ist und Prozesse, die kaum zivile Anwendungen erlauben.

Zusammenfassung

Externe Berater mögen in der freien Wirtschaft eine gewissen Berechtigung haben, durch Spezialwissen oder bewegliche Ressourcen punkten, in den Ministerien sehe ich keine Anwendungsfälle, die nicht ein deutliches Zeichen von Misswirtschaft und Inkompetenz zeugen, vielleicht auch von mangelndem Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter.

Erstaunlicherweise habe ich im Moment mehr Vertrauen in die Ministerien und Behörden, als in die Köpfe, die denen vorgesetzt wurden. Das zeigt sich immer wieder, wenn man die Medien konsultiert.

Vielleicht sollte das Konzept der Minister überdacht werden, um die Auswirkungen von Lobbyismus, Fachfremdheit und Altersstarrsinn zu minimieren. Ein Co-Minister mit Sachkenntnis wäre eine vielleicht denkbare Variante, der zumindest ein Vieraugenprinzip sicherstellen und Wissen in die Debatten einbringen könnte. Ein konstitutionelles Ministeramt wäre vielleicht auch eine interessante Überlegung.

Eine Aufteilung von Stabsstellen in Verwaltungsführung und Fachführung könnte auch eine positive Entwicklung mitsich bringen, da nicht unbedingt davon auszugehen ist, dass zwei Emporkömmlinge und Speichellecker dem Minister einflüstern.

Auch eine Altersbegrenzung würde ich für mehr als sinnvoll halten. Zwar mag man es selber nicht unbedingt zugeben, Meinungen verfestigen sich aber im Laufe der Zeit immer mehr, Paranoia nimmt zu und so lassen sich dann auch die grundrechtsverletzenden Verhaltensweisen so mancher Minister erklären.

Achja, eines noch zum Schluss. Ich denke ja grundsätzlich auch an die anfallenden Kosten, vor allem die, an die keiner denkt – die Opportunitätskosten. Schaut man hier genauer hin, würde es mich keinesfalls überraschen, wenn die Berater – legitim oder nicht – keine schwarzen Zahlen mitsichbringen.

Nachtrag

Die aktuellen Beispiele werden immer abstruser, wie hier z.B. im Fokus nachzulesen.

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