Künstliche Intelligenz (KI) ist inzwischen nicht nur ein futuristisches Konzept, sondern eine Schlüsseltechnologie in modernen Fahrzeugen. Besonders bei sicherheitskritischen Systemen spielt KI eine entscheidende Rolle, doch ihre Integration stellt uns vor neue Herausforderungen. Es geht weit über die herkömmliche Softwareentwicklung hinaus – KI im Auto erfordert neue Denkansätze bei der Sicherheit, Softwareentwicklung und Cybersicherheit.
Komplexe Herausforderungen für etablierte Standards
Die bestehenden Sicherheitsnormen der Automobilindustrie, wie etwa ISO 26262, wurden ursprünglich für Systeme entwickelt, die stets gleichbleibende Ergebnisse liefern. KI-Systeme hingegen basieren auf Lernprozessen und sind nicht immer vorhersehbar. Ihre Fähigkeit, auf neue Daten zu reagieren, macht es schwieriger, Risiken korrekt einzuschätzen und zu minimieren. Die Automobilbranche muss sich daher neue Herangehensweisen einfallen lassen, um diese Unsicherheiten zu kontrollieren und die Sicherheit zu gewährleisten.
Die Item-Definition: Der Schlüssel zur KI-Sicherheit
Um KI in Fahrzeugen sicher zu integrieren, ist eine präzise „Item-Definition“ entscheidend. Diese beschreibt, wie das System funktioniert, welche Daten es benötigt und wie es lernt. Für ein sicheres System müssen die Lernziele klar definiert und die Trainingsdaten sorgfältig ausgewählt werden. Die Vorhersagen des Systems müssen mit hoher Genauigkeit treffen, um keine unvorhersehbaren Fehler zu verursachen.
Softwareentwicklung für KI: Neue Herausforderungen
Die Entwicklung von Software für KI im Auto ist komplexer als die herkömmliche Programmierung.
KI-Systeme lernen aus Daten und passen ihr Verhalten ständig an. Man kann sich das wie ein Kind vorstellen, das mit vielen Beispielen immer besser wird. Ein KI-System wird durch hunderte oder tausende von Beispielen (z. B. Bildern von Fahrzeugen) trainiert, um zu erkennen, was ein Auto von einem Fahrrad unterscheidet. Doch während dieser Lernprozess für einfache Aufgaben relativ gut funktioniert, können sich Fehler einschleichen, wenn die Daten unzureichend oder die Umgebungsbedingungen nicht berücksichtigt werden.
Dieser Lernprozess macht die Fehlererkennung besonders schwierig. Es reicht nicht aus, nur nach klassischen Softwarefehlern zu suchen. Stattdessen müssen Entwickler neue Methoden finden, um auch die Leistung der KI zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie in der realen Welt zuverlässig arbeitet.
Gerade bei KI-Systemen im Auto muss aber bedacht sein, dass das Machine Learning hier oft gar nicht mehr „aktiv“ ist, also kein Lernprozess mehr stattfindet, sondern das Lernen zum Entwickeln eines sehr komplexen, aber fixen Programms verwendet wurde. Dieses Programm simuliert Denkprozesse – Stichwort: „neuronale Netze“. Bilderkennungssysteme, wie sie von der Verkehrszeichenüberwachung bekannt sind, sind ein typisches Beispiel.
Das EGAS-Konzept: Ein bewährter Ansatz für KI-Sicherheit
Das EGAS-Konzept (3-Level Safety Monitoring) bietet einen strukturierten Rahmen, um KI-Anwendungen im Fahrzeug sicher zu machen. Es teilt die Sicherheitsüberwachung in drei Ebenen auf:
- Fehlererkennung (E/E-Fehler): Auf der ersten Ebene werden technische Fehler, die durch die Fahrzeughardware entstehen, schnell erkannt und behoben.
- Überwachung der KI-Leistung: Auf der zweiten Ebene wird überprüft, ob das KI-System wie erwartet funktioniert. Wenn das KI-System nicht die gewünschten Ergebnisse liefert, wird dies rechtzeitig erkannt.
- Fehlerbehandlung und Sicherheitsintervention: Auf der dritten Ebene sorgt das System dafür, dass im Notfall die Kontrolle übernommen wird, um das Fahrzeug sicher zum Stillstand zu bringen, falls ein schwerwiegender Fehler auftritt.
Dieses mehrstufige Sicherheitskonzept stellt sicher, dass KI-Systeme kontinuierlich überwacht und Fehler schnell behoben werden, bevor sie zu einem Sicherheitsrisiko werden.
Cybersicherheit: Ein zentrales Anliegen
Mit der zunehmenden Integration von KI wächst auch das Risiko von Cyberangriffen. Fahrzeuge, die mit KI-Systemen ausgestattet sind, können Ziel von Hackern werden, die versuchen, diese Systeme zu manipulieren. Deshalb muss Cybersicherheit in jeder Phase des Fahrzeuglebenszyklus berücksichtigt werden – von der Auswahl der Hardware und Software bis hin zur Schulung der Nutzer. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Fahrzeuge gegen unbefugten Zugriff und Manipulation geschützt sind.
Fazit: KI im Auto – eine Gratwanderung
Die Integration von KI in sicherheitskritische Fahrzeugsysteme bietet zahlreiche Chancen, stellt die Automobilindustrie jedoch auch vor große Herausforderungen. Die Technologie ist vielversprechend, aber um sie sicher und zuverlässig zu machen, müssen etablierte Sicherheitsstandards und Softwareentwicklungsprozesse überdacht werden. Besonders in den Bereichen Sicherheit, Fehlererkennung und Cyberschutz sind neue Ansätze erforderlich. Das EGAS-Konzept stellt einen wichtigen Schritt dar, um KI im Auto sicher zu integrieren und mögliche Risiken zu minimieren.
Um die Komplexität der KI im Auto etwas zu beleuchten, habe ich das Buch Artificial Intelligence for Safety-Critical Automotive Applications geschrieben. Es steht in direktem Zusammenhang mit meinem Buch Item Definition.
Es bietet einen umfassenden Überblick über die Herausforderungen und Lösungen im Bereich der KI für sicherheitskritische Fahrzeugsysteme. Es richtet sich an alle, die in der Automobilindustrie mit der Integration und dem sicheren Betrieb von KI-Systemen in Fahrzeugen betraut sind und liefert wertvolle Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen.