Seit Monaten warten Beobachter gespannt auf ein „Machtwort“ des Kanzlers Olaf Scholz, das weit über symbolische Auftritte hinausgeht und einen klaren politischen Kurs inmitten der Krisen setzt. Aber warum dieses Warten und Ausharren? Wie konnte es dazu kommen, dass Scholz so lange „stillhält“? Ist diese Passivität Ausdruck einer politischen Strategie – oder vielmehr ein Resultat fehlender Dynamik?
Ursprung der Passivität: Wohin zielt Scholz?
Viele fragen sich, warum Scholz nicht mit mehr Nachdruck handelt, angesichts der zunehmend kritischen Lage in Deutschland. Es sind nicht nur die wirtschaftlichen Schieflagen und Milliardenschäden, sondern auch die verunsicherte Stimmung in der Bevölkerung, die ein entschlossenes Auftreten erforderlich machen. Trotzdem wirkt Scholz zurückhaltend und scheint Krisen lediglich zu verwalten, statt sie aktiv zu lösen.
Eine mögliche Erklärung könnte in der Art der deutschen politischen Kultur liegen, die oft auf Kompromiss und Konsens ausgerichtet ist. Ein Kanzler in dieser Position hat die Aufgabe, Brücken zu bauen, statt sich durch Machtworte auf klare Positionen festzulegen. Doch ist das der alleinige Grund? Ein Blick auf das sogenannte Peter-Prinzip in der Politik kann uns ein weiteres Erklärungsmodell liefern. Scholz könnte sich in einer Situation wiederfinden, in der die Anforderungen seiner Position seine Kompetenzen übersteigen, wodurch ein sicherer Kurs kaum möglich erscheint. Hier lässt sich ein direkter Bezug zu der treffenden Analyse des Peter-Prinzips ziehen, die hier ausgeführt wird.
Was treibt Scholz an, was bremst ihn?
Um Scholz‘ Verhalten besser zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick auf seine persönliche Motivation zu werfen. Ist es Desinteresse, das ihn so lange zögern lässt? Oder schlicht die schiere Überforderung angesichts der Lage? Schließlich ist Scholz nicht der erste Politiker, der auf ein komplexes System trifft, das ihn zugleich bindet und bremst. Ein weiterer Aspekt könnte die fehlende empirische Grundlage vieler Entscheidungen sein, die Scholz von einer eindeutigen Marschroute abhält. Dass Entscheidungen oft mehr auf Bauchgefühl als auf Fakten beruhen, kritisiert bereits der Artikel Wahlkampf ohne Empirie und macht damit deutlich, wie gefährlich ein politischer Kurs ohne wissenschaftliche Fundierung ist. Mehr zu dieser Thematik hier.
Doch auch ein gewisser Pragmatismus scheint Scholz zu bremsen: Das Vermeiden von riskanten Manövern ist für einen Kanzler, der vor allem den sozialen Frieden wahren möchte, eine probate Strategie. Doch was wäre, wenn dieser soziale Friede nur als trügerische Ruhe empfunden wird und Scholz‘ zögerliche Haltung letztlich zu noch größeren Spannungen beiträgt?
Burgfrieden – Das vergessene Machtmittel
Eine verpasste Chance war der „Burgfrieden“. Während des Ersten Weltkriegs stand der Begriff für eine politische Übereinkunft, die interne Konflikte zugunsten des „nationalen Friedens“ einstellte. Die Parteien stellten für einen Zeitraum die politische Fehde ein, um nach außen Stärke zu demonstrieren und sich auf gemeinsame Ziele zu konzentrieren. In einer Situation wie der aktuellen, wo Krisen die Bevölkerung zermürben, hätte ein solcher „Burgfrieden“ durchaus seine Berechtigung. Ein konsensstiftender Burgfrieden, durch Scholz ausgerufen, hätte symbolisieren können: „In dieser Krise stehen wir alle zusammen“.
Warum kam es dazu nicht? Einerseits zeigt dies eine mangelnde Nutzung der Machtinstrumente, die einem Kanzler zur Verfügung stehen. Der „Burgfrieden“ wäre ein strategischer Zug gewesen, der Scholz als Führungsfigur positioniert und die politische Konkurrenz beruhigt hätte – zumindest vorübergehend. Andererseits scheint es, dass der Kanzler sich dieser Möglichkeit entweder nicht bewusst ist oder die innerparteilichen Interessen nicht bereit ist, für eine gemeinsame Übereinkunft zu opfern.
Ende und Anfang des Wahlkampfmodus: Ignoranz oder Strategie?
Der Wahlkampfmodus ist nie ganz zu Ende gegangen, auch wenn Scholz inzwischen längst regiert. Dass er die Wahlkampfrhetorik nicht gänzlich ablegt, verweist auf ein tieferes Problem: die Angst, Klarheit und Konflikte zu schaffen, die ihn in seiner politischen Position verletzlich machen könnten. Man fragt sich, wie ignorant ein Kanzler sein kann, wenn Milliardenverluste entstehen und dennoch kein konsequenter Wandel stattfindet – etwa in der Energiepolitik, wie Symptombekämpfung hier aufzeigt.
In einer Demokratie, die sich zunehmend der politischen Bühne als Spektakel nähert, ist der Wahlkampfmodus längst zum Dauerzustand geworden. Doch wie lange kann eine Regierung diese Haltung beibehalten, ohne ernsthafte Konsequenzen für das Land in Kauf zu nehmen? Der Artikel Demokratie beschreibt anschaulich, wie das politische System auf einen Erosionsprozess zusteuert, in dem der eigentliche Zweck der politischen Arbeit – das Wohl des Volkes – verloren zu gehen droht. Mehr dazu hier.
Fazit: Die Suche nach einem Machtwort
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Scholz eine Politik der Zögerlichkeit verfolgt, die mehr Risiken birgt, als sie abzuwenden vermag. Das Ausbleiben eines klaren „Machtworts“ ist nicht nur eine Frage der Persönlichkeit des Kanzlers, sondern auch der Strukturen und des fehlenden Mut zur Macht, der den Kanzler letztlich hemmt.