Buch schreiben – geht zügig, denkt man. EPUB machen – klingt nach Klick-bumm-fertig. Doch, Achtung: Wer das tatsächlich glaubt, kennt entweder keine LaTeX-Workflows oder hat noch nie ein E-Book-Validierungstool benutzt. Hier die ungeschminkte Wahrheit über meinen Prozess – vom Konzept bis zum (manchmal überraschend fehlerfreien) EPUB, inklusive humorvoller Tiefschläge, handverlesener Tools und Warnungen für Eilige.
Von Kopfchaos zur Kapitelstruktur: Mit Mindmaps, LaTeX und TeXstudio
- Los geht’s wie immer: Mindmap im Tool deiner Wahl – ich bevorzuge FreeMind oder das schlichte Freeplane, um Ideen zu spoolen und Kapitel zu zähmen.
- Das eigentliche Schreiben? Mein geliebtes LaTeX, gepflegt und organisiert in TeXstudio. Damit bleibt die Struktur übersichtlich und Fehler fallen früh auf.
- Kapitel werden artig ausgelagert, Unterabschnitte modulartig gekapselt. Die Devise: „Je mehr Dateien, desto weniger Chaos“ – unangenehme Überraschungen gibt’s später eh noch genug.
- Glossarimport via Excel (und makroschwingende Finger), Literaturverzeichnis zu 99% dank Zotero exportiert.
- Dann: Kompilieren, prüfen, PDF exportieren. Print? Kein Ding. EPUB? Mach’s dir noch mal bequem, jetzt wird’s zäh …
EPUB: Wo Geduld und richtige Tools den Unterschied machen
Wichtige Vorwarnung gleich vorweg: Egal, wie flott du schreibst – der Gesamtprozess ist und bleibt alles, nur nicht schnell. Nicht das eigentliche Buch, nicht die Strukturierung, erst recht nicht die saubere EPUB-Konvertierung. Dafür winkt das Glücksgefühl eines „halbwegs“ fehlerfreien Releases.
Die Grundstruktur: ZIP mit XML-Bauch, bitte korrekt
- Der EPUB-Container ist im Grunde ein gepackter Ordner (ZIP), innen
mimetype
,META-INF
undOEBPS
mit allen XHTML-Dateien, Bildern, Inhaltsverzeichnis (toc.ncx
) sowie den Metadaten (content.opf
). All das strikt nach Standard, sonst verweigern Reader und Shops die Annahme1. - Schneller Trick: Lass dir ein Grund-EPUB samt Metadaten und Demo-Kapiteln mithilfe von ChatGPT erstellen.
- Titel: Mein ePub Versuch
- Untertitel: Ich will's wissen
- ISBN: 999-99-9999
- Autor: Werauch Immer
- Verlag: Meine Verlag eben
- Sprache: deutsch/englisch
- Schlagwörter: LaTeX, eBook, epub, was du wissen solltest
Bauen und Prüfen: SIGIL vs. Calibre
- Bearbeiten? SIGIL. Perfekt für die gezielte Feinarbeit an Struktur, HTML und CSS – und natürlich zur Validierung.
- Alternative: Calibre. Praktisch, wenn z.B. Massenumwandlungen (auch ins Kindle-Format) gefragt sind, oder die Verwaltung/extreme Suchen-und-Ersetzen-Aktionen. Hier lassen sich EPUBs ebenfalls komfortabel editieren und in verschiedenste Formate ausgeben 2.
Die eigentliche Herausforderung: LaTeX nach HTML/XHTML
- Pandoc zum Konvertieren nutzen – aber Wunder darf man nicht erwarten. Jedes Kapitel einzeln „durchmangeln“ und ausbessern bleibt angesagt. Lösung für Leute mit Debugging-Defizit.
- Was dann wirklich hilft: ChatGPT um mundgerechtes XHTML bitten. Abschnitte einzeln konvertieren, dann in SIGIL oder Calibre einspeisen, hübsch machen, testen, Fehler suchen… und wieder testen.
PromptWandle den vorgegebenen LaTeX Code in epub-kompatibles HTML. Ändere keine Formatierungen und füge keine Formatierungen hinzu. - Vor dem Upload immer die integrierten Validatoren in SIGIL und Calibre laufen lassen. Alles andere wäre mutig.
Geduld und Gründlichkeit schlagen Geschwindigkeit (leider!)
Wer mit LaTeX groß geworden ist, kennt das: Präzision geht vor Tempo. Das gilt erst recht für die E-Book-Pipeline. Jeder Schritt – von der Ideenfindung über die Dateiarchitektur bis zur Endkontrolle – dauert. Aber dafür landen dann eben auch keine Glitches, fehlerhaften Kapitelumbrüche oder mysteriös verschwundenen Fußnoten im Reader des Endkunden.
Die Konvertierung ist oft der entscheidende „Showstopper“: Sie dauert, weil handgepflegter (X)HTML-Code und akribische Metadaten-Pflege nun einmal Zeit kosten. Dafür ist man am Ende meistens auf der sicheren Seite. Halbwegs fehlerfrei ist das höchste der Gefühle – aber immerhin: Ein kaputtes EPUB-File ist keine Option. Und ein zwar schnelles, aber fehlerhaftes Buch? Ein Alptraum – sowohl für Selfpublisher als auch für die Leser.
Zusammengefasst: Schnell ist der Prozess nicht. Weder das Schreiben noch die Konvertierung. Wer Genauigkeit will und sich Frickelarbeit, Fehlersuche und Tool-Hopping nicht scheut, bekommt mit SIGIL, Calibre und TeXstudio ein Ergebnis, das sich blicken lassen kann – auch wenn es vielleicht Wochen statt Tagen dauert. Vielleicht lässt sich das eine oder andere noch automatisieren. Vorsicht ist aber die Mutter der Porzellankiste und manchmal hilft eben IBM – „immer besser manuell“.
Fazit: Entspannt euch – und lasst der Perfektion die Zeit, die sie braucht
- LaTeX (über TeXstudio), SIGIL und Calibre sind ein bewährtes Triumvirat – langsam, aber verlässlich.
- Fehlerfreiheit kostet Zeit, spart aber später Nerven.
- Geduld ist nicht nur eine Tugend, sondern ein Muss – beim Selfpublishing ganz besonders.
Wer es trotzdem schnell will, sollte besser keine großen Hoffnungen haben – oder gleich zum Ghostwriter mit EPUB-Erfahrung gehen. Allen Perfektionisten empfehle ich: Zeit lassen, Kaffee holen, Validatoren laufen lassen, Debuggen – und über das finale Ergebnis (halbwegs) stolz sein.