a number of owls are sitting on a wire

Wale versuchen zu kommunizieren – und vielleicht sind sie klüger als wir

Neulich ging eine Meldung durch die Wissenschaftspresse, die fast klingt, als hätte sie Douglas Adams persönlich geschrieben: Forscher berichten, dass Wale offenbar aktiv versuchen, mit uns zu kommunizieren. Nicht über Sonar-Clicks oder melancholische Walgesänge allein, sondern in Mustern, die den Austausch zwischen zwei intelligenten Spezies möglich machen könnten (Studie hier). Klingt verrückt? Ist es vielleicht auch – aber nur, wenn man davon ausgeht, dass Intelligenz unbedingt Zweibeine und WLAN braucht.

Wale reden schon länger miteinander – nur wir haben nie richtig zugehört

Seit Jahrzehnten wissen Meeresbiologen, dass Wale komplexe Kommunikationssysteme entwickelt haben. Buckelwale erzeugen Gesänge, die über tausende Kilometer durch den Ozean hallen. Orcas verfügen über „Dialekte“, die sich von Gruppe zu Gruppe unterscheiden.

Einige Arten scheinen sogar individuelle Namen zu verwenden, erkennbar an wiederkehrenden akustischen Signaturen. Diese Erkenntnisse stören unsere anthropozentrische Ruhe erheblich: Vielleicht ist Sprache gar nichts, was uns vorbehalten ist.

Das neue an den aktuellen Forschungsergebnissen ist, dass sich die Tiere offenbar auch für unsere Antworten interessieren. In Experimenten wurden Klicklaute eines Pottwals nachgeahmt und in hoher Qualität wiedergegeben. Das Tier reagierte sofort – nicht zufällig, nicht aggressiv, sondern mit einem „Antwortklick“, als wolle es sagen: „Na endlich hört ihr mal zu!“

Douglas Adams hätte vermutlich gesagt: „Ich hab’s euch ja gesagt“

In Per Anhalter durch die Galaxis beschreibt Douglas Adams Delfine als die tatsächlich intelligenteste Spezies auf der Erde – noch vor dem Menschen. Sie verabschiedeten sich, bevor die Erde gesprengt wurde, mit den Worten: „Macht’s gut und danke für den Fisch.“

Ein Gag, aber auch eine schöne Provokation: Was, wenn Adams gar nicht so unrecht hatte? Delfine und Wale haben Gehirne, die denen des Menschen in Größe und Komplexität ähneln. Sie leben in sozialen Gruppen, haben Kultur, erkennen sich im Spiegel, nutzen Werkzeuge und entwickeln differenzierte Formen des Spiels und der Kooperation.

Kurz gesagt: Sie machen vieles, was wir „menschlich“ nennen würden – nur ohne die Überheblichkeit, dabei unbedingt die Welt erobern zu müssen.

Wie misst man Intelligenz – und warum ist das eine gefährliche Frage?

„Intelligenz“ ist eines dieser Wörter, das mehr über die Fragenden als über die Antwort verrät. Wenn wir den IQ als Maßstab nehmen, dann schneiden Wale natürlich schlecht ab – sie können schließlich keinen Stift halten. Aber vielleicht ist das Problem eher, dass wir immer nur danach suchen, wie sehr andere Arten uns ähneln.

Die Biologin Lori Marino, die seit Jahren die Kognition von Delfinen erforscht, spricht von „Anthropomorphismus umgekehrt“: Statt Tiere zu vermenschlichen, vermessen wir sie mit unseren Kriterien – und wundern uns dann, dass sie durchfallen.

Wale haben eine ganz andere Form von Intelligenz. Sie ist akustisch, sozial und emotional orientiert. Ihr Gehirn besitzt ein hochentwickeltes limbisches System, das Empathie, Bindung und Erinnerung steuert. Vielleicht wissen Wale mehr über Gemeinschaft als wir – nur dass sie ihr Wissen eben nicht twittern.

Sind wir wirklich die Krönung der Schöpfung?

Der Gedanke, der Mensch sei die „Krone der Schöpfung“, war schon immer mehr Selbstvergewisserung als wissenschaftliches Konzept. Spätestens seit Darwin wissen wir, dass wir biologische Verwandte aller Lebewesen sind.

Die neueren Erkenntnisse aus der Neurobiologie, Verhaltensforschung und Kognitionspsychologie zeigen: Intelligenz ist kein exklusiver Club mit Eintrittskarte „Homo sapiens“. Krähen lösen mehrstufige Rätsel, Elefanten erkennen sich im Spiegel, Kraken öffnen Schraubverschlüsse, und Wale führen soziale Rituale auf, die an Beerdigungen erinnern.

Wenn man diesen Panorama-Blick wagt, wirkt das Bild vom Menschen als Spitze einer evolutionären Pyramide eher wie eine Karikatur. Vielleicht sind wir einfach nur ein besonders lautes Tier mit kompliziertem Werkzeugkasten.

Vielleicht hören wir nur nicht richtig zu

Ein faszinierender Aspekt der Wal-Kommunikation ist ihre Bezugnahme auf die Umgebung. Schall breitet sich unter Wasser fünfmal schneller aus als in Luft. Manche Walgesänge scheinen gezielt mit der Akustik der Wassertiefe zu „spielen“.

Akustiker vermuten, dass Wale gewissermaßen mit dem Ozean selbst „reden“, seine physikalischen Eigenschaften nutzen, um Informationen über weite Strecken zu übertragen. Das ist so, als würden wir ein Gebirge anrufen, um mit Freunden auf der anderen Seite zu plaudern.

Vielleicht müssten wir lernen, zuhören zu können – nicht nur technisch, sondern existenziell. Wenn ein Wal klickt, schwingt darin eine Welt, die sich unserer Wahrnehmung völlig entzieht: dunkle Tiefen, Druck, Orientierung durch Klang. Kein Wunder, dass wir manchmal ein bisschen schwer von Begriff sind.

Signale von Betunien – warum nicht?

Wenn schon Wale intelligentes Verhalten zeigen, warum sollten wir nicht auch anderen Lebewesen etwas mehr Aufmerksamkeit schenken? Pflanzen, etwa die vielzitierte Betunie, kommunizieren nachweislich über Duftstoffe und elektrische Signale.

Sie warnen Nachbarn vor Fressfeinden, verändern ihr Wachstum in Reaktion auf Töne oder Berührung. Vielleicht ist das keine „Sprache“, aber es ist Informationstransfer – und das ist der Anfang von jeder Verständigung.

Douglas Adams hätte gewiss einen Heidenspaß daran gehabt: Erst sprechen Wale mit uns, dann die Blumen, und am Ende will der Brokkoli mitdiskutieren.

Das stille Nachdenken des Ozeans

Wenn man sich einen Moment lang vorstellt, dass der Ozean voller denkender, fühlender Wesen ist, wirkt vieles von dem, was wir dort tun, plötzlich grotesk: Lärm durch Schifffahrt, Sonartests der Marine, die Orientierungssysteme der Wale stören, Plastikmüll, der sich in Mägen und Netzen sammelt. Als Neurodiverser eine Horrorvorstellung!

Wer Kommunikation ernst meint, sollte zuerst lernen, keine Signale zu zerstören. Vielleicht sind die Wale längst im Gespräch – nur wir reden ständig dazwischen.

Ein Blick in die Zukunft: Wenn Wale wirklich antworten

Was, wenn diese Klicks und Pfeiftöne irgendwann entschlüsselt werden und sich herausstellt, dass Wale nicht nur Emotionen, sondern auch Geschichten, Erinnerungen oder sogar Witze austauschen? Würde das unsere Haltung verändern? Vielleicht.

Oder vielleicht würden wir einfach eine weitere Talkshow darüber machen. Der Mensch hat die erstaunliche Fähigkeit, jede existenzielle Frage in Unterhaltung zu verwandeln – manchmal ist das Rettung, manchmal Flucht.

Doch wer das nächste Mal eine Walgesang-Aufnahme hört, könnte versuchen, kurz nicht nur an Romantik oder Meeresrauschen zu denken, sondern an eine andere Intelligenz, die da draußen ist. Eine, die uns vielleicht längst beobachtet – mit milder Verwunderung. Und wenn sie je ein Buch über uns schreiben sollte, würde der Titel vermutlich lauten: „Macht’s gut – und danke für den Plastikmüll.“

Fazit: Vielleicht ist Zuhören unsere klügste Erfindung

Wale versuchen nicht, uns ihre Welt aufzuzwingen. Sie reden, weil sie es immer getan haben – und nun scheinen sie zu merken, dass da irgendwo noch jemand ist. Wir könnten antworten. Nicht mit Lärm oder Forschungseifer, sondern mit Demut.

Vielleicht ist das die schönste Form von Kommunikation: zu verstehen, dass wir nicht allein sind. Der Rest ist, wie Douglas Adams sagen würde, „im Großen und Ganzen harmlos“ – solange wir endlich anfangen, zuzuhören.

Autor: Redaktion 42thinking.de

One thought on “Wale versuchen zu kommunizieren – und vielleicht sind sie klüger als wir

  1. guten Morgen, wer etwas kritisch sich umguckt, sieht, was wie anders funktioniert oder zusammenwirkt, muß auch andere Intelligenz erkennen können! Ob wir Ameisenhaufen mit den Gebilden wie NewYork oder andere Menschenansammlungen vergleichen, was das übereinander und miteinander betrifft, oder Bienenvölker oder Schwärme bei Fischen oder Vögeln??? Überall muß Kommunikation hinterstecken!
    Sieht man unsere Sprachentwicklung nur in Deutschland von über 1000 Dialekten vor 200 Jahren zum jetzigen Hochdeutsch hin, erkennt man den Wert der Verständigungsmöglichkeiten! Der Austauschmöglichkeiten! Betrachtet man die verschiedenen körperlichen Fähigkeiten, was Tauchen, Schwimmen, Laufen oder Fliegen betrifft, ist auch die Verschiedenheit der Kommunikation natürlich!
    Menschen, die schnell sprechen können, müssenn auch schnell denken können. Weil letzteres ist die Vorraussetzung für das Erste! Als neurologisch erkrankt und damit etwas gebildet weiß ich um die „Nervenleitfähigkeit“. Eigentlich ein Begriff aus der Physik -„Leitfähigkeit“. Damit ist aber schon EIN wesentlicher Unterschied offensichtlich: Informationen können nur in gewissen Frequenzbereichen verarbeitet werden. Das gilt für optische, akkustische und sogar für geruchs Signale.
    Sogar Tast-Signale werden von anderen Lebewesen sensibler verarbeitet!
    In so Fern ist der Mensch alles – nur nicht die Krönung der Schöpfung!
    Er ist ein ganz winziger Mosaikstein im Gesamtbild unseres Planeten.
    Allen einen schönen Tag…

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