Zugegeben, der Titel ist recht reißerisch, entspricht aber einem gewissen Klischee in der öffentlichen Wahrnehmung dieser besonderen Menschengruppe.
Einen sehr interessanten Beitrag zum Thema habe ich (mal wieder) in einem Podcast gefunden, nachhörbar in der Mediathek des Bayrischen Rundfunks.
Erstes Kennenlernen Autismus
Ich hatte vor mittlerweile gut 20 Jahren einen ersten Kontakt mit dem Thema, als ich beim Warten auf meine Mutter ein Kind1 mit dieser Diagnose kennenlernen durfte. Es war vermutlich ein Zufall, dass ich scheinbar alles richtig gemacht hatte2 und so einen gewissen Zugang zum Kind bekam.
Das Mädchen hatte sich gerade mit einem Englischbuch beschäftigt und ich fragte sie einfach ein paar Vokabeln ab. Sie war aufmerksam, innerlich ruhig und entspannt und konnte sehr gut den Stoff repetieren.
Kurz darauf wurde sie von einer vorbeilaufenden Lehrerin in einem recht harschen Ton angesprochen. Es war, als ob in ihr ein Schalter umgelegt wurde. Sie erstarrte zunächst, wurde dann aber aggressiv und konnte sich nicht einmal mehr in ihrer Muttersprache korrekt ausdrücken.
Die Schwierigkeiten des Umfelds im Umgang mit dem Kind in solchen Grenzsituationen hatten die Schülerin auch an die Schule für Lernbehinderte gebracht, eine Einschränkung der Intelligenz und Auffassungsgabe schien mir nicht die Ursache gewesen zu sein.
Interpretation als Ingenieur
Ich selbst habe mir das Phänomen damals als Ingenieur so vorgestellt: Unser Körper verfügt über eine Unzahl an Sensoren, die in das wunderbare Regelwerk des Körpers und des Geistes Informationen einsteuern. Verstärkt man nun die Signale über ein normales Maß hinaus, geraten die Regelalgorithmen aus dem Takt, überschwingen und können so ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen.
Wie heftig der Körper auf überstarke Umweltreize reagieren kann, merkt man bereits dann, wenn man im Auto Platz nimmt und das Radio viel zu laut losplärrt. So schien es damals auch dem Kind zu gehen, überstarke akustische Reize führten zu entsprechenden Reaktionen.
Meine zugegeben technische Darstellung des Phänomens wird von dem Beitrag eigentlich komplett bestätigt, was mir sagt, dass meine Intuition doch gar nicht so schlecht war und Querverbindungen zwischen komplett unterschiedlichen Fachgebieten nicht nur möglich sondern sogar zielführend sein können.
Umwelt und Andersartigkeit
Der Begriff „Mängelexemplar“ in Bezug auf Autismus ist im Beitrag gefallen und stellt die unreflektierte Sicht3 der Allgemeinheit auf diese Besonderheit der Wahrnehmung dieser – nein, ich schreibe nicht „Betroffenen“ – besonderen Menschen dar.
Natürlich ist die Bandbreite des Autismus sehr groß. Aber hier zeigt sich, dass – je nach Ausprägung – Inklusion ein durchaus spannendes Feld für alle Beteiligten sein kann. So scheint man sich langsam der besonderen Fähigkeiten4 von Autisten auch in der Wirtschaft im Klaren geworden zu sein, was deren Einsatz in verschiedenen Bereichen zeigt.