Das Glas erklingt von lieblicher Gewalt,
Es trübt, es klärt sich; also muss es werden!
Ich seh’ in zierlicher Gestalt
Ein artig Männlein sich gebärden.
Was wollen wir, was will die Welt nun mehr?
Denn das Geheimnis liegt am Tage:
Gebt diesem Laute nur Gehör,
Er wird zur Stimme, wird zur Sprache.Johann Wolfgang von Goethe,
‚Der Tragödie zweiter Teil‘
Bereits Goethe lässt seinen Faust ein künstliches Wesen – den Humunculus – erschaffen, was ihn aus damaliger Weltsicht in Augenhöhe zu Gott aufsteigen lässt. Faust wird vom Universalgelehrten Goethe über das menschliche Maß erhoben, schafft seinen Sklaven, sein Spielzeug, sein Kind.
Liest man in der (Tech-) Presse, wird man derzeit von Meldungen über KI, künstliche Intelligenz geradezu überschüttet, wobei der Begriff wie bereits mehrfach erwähnt, mit Intelligenz nicht viel zu tun hat.
Und trotzdem stürzen wir uns auf die wirkmächtigen Softwareassistenten, die letztlich nicht mehr und nicht weniger tun, als große Datenmengen mit statistischen Methoden zu durchforsten, nach einem Algorithmus, der von Programmierern – also Menschen – erdacht wurde.
Aber warum vertrauen wir auf die Leistungen von Programmierern, die in der „realen Welt“ unter den Begriffen Nerds eher aus dem sozialen Miteinander ausgesperrt werden?
Natürlich kann man sagen, dass die Programmierer „nur“ die Anforderungen1 ihrer Auftraggeber umsetzen. Aber wie genau werden sowohl Requirements als auch deren Umsetzung auf sachliche, ethisch-moralische und juristische Aspekte geprüft?
In unserem Wahn, sich Gott-gleich seinen eigenen „Humunculus“ geschaffen, dem wir auch gleich religionsgleich eine unreflektierte Überhöhung beimessen. Gleichzeitig ereifern wir uns gegenüber den traditionellen Religionen, deren Nachfolge die KI übernommen hat.
Begreifen wir doch endlich, dass KI nichts mit Intelligenz zu tun hat, sondern lediglich ein Werkzeug für die Bewältigung großer Datenmengen. Dabei sind nicht alle Aufgaben gleich gut geeignet. Je weniger die zu analysierenden Datensätze vergleichbar sind, umso stärker sind potentielle Fehlinterpretationen und umso weniger verlässlich die Ergebnisse.
Natürlich gibt es auch Aufgaben, die für KI prädestiniert sind, Bildanalysen zum Beispiel. Aber auch hier sind die Trainingsdaten entscheidend.
Begründet wird der Einsatz von KI gerne mit Zeitersparnis, was durchaus ein gültiges Argument ist, wenn man geeignete Aufgaben damit löst. Ist Zeit aber in allen Fällen tatsächlich ein Kriterium?
KI wird gerne verwendet, um Routineaufgaben zu lösen, aber genau diese Aufgaben geben unserem Denken Struktur, die Change auf Erholung. Verwehren wir unseren Hirn diese „langweiligen“ Tätigkeiten, haben Erschöpfung bis zum Burn-Out ein leichtes Spiel.
Denken wir also daran, dass es sich bei KI „nur“ um ein Werkzeug handelt, ein Tool.
„A fool with a tool ist still a fool.„