Wirtschaftsprüfung – Zahlen ohne Objektbezug

Der Artikel von n-tv zeigt mal wieder ein recht eigenwilliges Phänomen unter dem Stichwort Wirtschaftsprüfung.

Warum der Preis pro Maske auf sechs Euro festgelegt wurde, ist dem Bericht zufolge nicht ganz klar. Jedoch habe es eine „Preisprobenstichanalyse“ von den Wirtschaftsprüfern EY gegeben.
NTV.DE, chf

Wirtschaftsprüfer geraten immer öfter in die Kritik, sei es in der Politikberatung wie im o.g. Fall oder in ihrer ureigensten Aufgabe in Zusammenhang mit Wirecard.

Unter Wirtschaftsprüfung versteht man die Prüfung der Finanzberichterstattung von Unternehmen nach den jeweils geltenden Rechnungslegungsstandards, insbesondere im Rahmen der für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften gesetzlich vorgeschriebenen Jahresabschlussprüfung. Unter den Begriff fällt die Prüfung der Buchhaltung und der Bilanzierung. Eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit erfolgt nur insoweit, als festgestellt wird, ob eine Unternehmensfortführung wahrscheinlich ist.Wikipedia

Als Laie in Dingen Wirtschaftsprüfung kann und darf ich mir natürlich kein Urteil darüber erlauben, was da genau passiert. Als jemand, der sich mit Prozessen beschäftigt und intensiv nach Fehlern sucht1, darf man aber durchaus über Ursachen nachdenken, die Wirtschaftsprüfung derart in Misskredit bringt, gerade auch, was den Wirecard-Skandal angeht.

Wer zahlt, schafft an!

Zwar fordert der Staat mit dem KonTraG den Einsatz von Wirtschaftsprüfern, nachdem neben anderen auch die Schneideraffäre2 eine unzureichende Prüfung bei der Kreditvergabe offengelegt hatte, zahlen jedoch muss das zu prüfenden Unternehmen.

Nachdem die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im direkten Wettbewerb stehen, sind besonders positive Prüfungsergebnisse für eine Weiterbeauftragung sicher nicht hinderlich. Inwieweit hier „das Auge zugedrückt wird“, bleibt höchstwahrscheinlich im Rahmen von Spekulationen, auszuschließen ist es aber nicht.

Prüfung im Rahmen der Möglichkeiten

Eine Prüfung kann nur im Rahmen der Möglichkeiten erfolgen, und das eröffnet ein breites Feld an weiteren Varianten.

Buchhaltungssysteme

Obwohl ich selber nie buchhalterisch aktiv geworden bin, habe ich doch eine Vielzahl an Abrechnungssystemen kennenlernen dürfen. SAP in seiner freien Programmierbarkeit war nur ein System, dass ich als Arbeitnehmer erleben durfte. Stelle ich mir also vor, dass ein Wirtschaftsprüfer bei jedem Unternehmen allein auf die Bandbreite der SAP-Varianten stößt, kommt die Frage auf, inwieweit allein die Programmkenntnisse sich auf das Rudimentäre begrenzen dürften.

Eine Prüfung kann also lediglich auf der obersten Ebene erfolgen, und so ist es ja auch gewünscht. Jahres- und Quartalsabschlüsse sind zu prüfen, von denen es vermutlich Ausleitungen zum Lesen geben wird.

Tiefe Einsichten in ein Unternehmen sind auf der Ebene nach meinem Dafürhalten absolut nicht möglich, sind doch Manipulationen bzw. Optimierungen allein auf Team- und Abteilungsebene Gang und Gäbe.

Material – Wunsch vs. Wirklichkeit

Natürlich kann der Auftraggeber einer Prüfung auch mit dem, was er dem Prüfer übergibt, an den Ausrichtungen der Ergebnisse mitwirken.

Auch die Bewertung von Materialien ist sicher nicht immer so einfach, wie man es sich möglicherweise von Außen vorstellt – immaterielle Wirtschaftsgüter sind nunmal auch von der Einschätzung der Auftraggeber abhängig und kaum zu quantifizieren.

Ebenso dürfte die Bewertung von materiellen Gütern einer deutlichen Varianz unterliegen, auch zwischen dem Wunschwert des Auftraggebers und einem potentiellen Verkaufswerts.

Schauen wir also auf Zitat Nummer zwei in diesem Beitrag, ergibt sich schon einmal ein recht trübes Bild, da „eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit erfolgt nur insoweit, als festgestellt wird3„, wie sie durch den zu Prüfenden zugelassen und glaubhaft versichert wird.

Prüfer

Wer sind eigentlich diejenigen Prüfer, die für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften arbeiten?

Die Ausführenden sind – zumindest was ich in den letzten Jahren so mitbekommen habe – BWL-Absolventen mit Bestnoten, die sich ihre Sporen verdienen wollen.

Grundsätzlich habe ich nichts gegen den Einsatz von Rookies, wenn sie unter der Aufsicht und Mitwirkung erfahrener Mitarbeiter arbeiten. Allerdings glaube ich aufgrund des hohen Wettbewerbs nicht an den Einsatz teuerer Experten.

Fazit

Summiert man die potentiellen, systembedingten Fehlermöglichkeiten4 auf, ergibt sich im Worst Case eine Prüfgenauigkeit, die in jeder Statistik unter Grundrauschen bewertet werden würde.

Die Bewertungsfehler sind systembedingt und hausgemacht. Zu viel darf man eben nicht erwarten, wenn eine wirtschaftsliberale Politik Gesetze generiert, so sehe ich es zumindest, als Ingenieur mit Prozessbezug.

Kommt also zur Überbewertung der Wirtschaftsprüfungsergebnisse noch Korruption in höchsten Ämtern dazu, brauchen wir uns um Skandale wie Wirecard, Masken u.ä. nicht wundern.

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