Ach, es fühlt sich doch wunderbar an, wenn man sich in Gutmenschenmanier als vorurteilsfrei empfinden kann. Freunde und Nachbarn aus aller Herren Länder lassen Rassismus ja schließlich auch überhaupt nicht zu.
Wirklich?
Einen ernüchternden Denkanstoß über die eigenen Vorurteile brachte mir ein Fernsehbeitrag von Arte, Chuck Berry.
Musikalisch natürlich hatte Chuck Berry ein absolutes Meisterwerk hinterlassen, obwohl die Randumstände es eigentlich gar nicht zulassen dürften. Interviews mit Verwandten des Begründers des Rock’n’Roll zeugten von einer bis heute tief verwurzelten Wut auf Rassentrennung und Benachteiligung.
Das Phänomen Chuck Berry lässt sich vielleicht erklären, wenn man den Begleitumstand betrachtet, dass er eine sehr klare und deutliche Aussprache in seiner Musik verwendete, eine Aussprache, die sich nicht von der Sprache der Weißen unterschied.
Als im Beitrag erklärt wurde, dass seine Musik einen herben Dämpfer erlitt, als man begriff, dass die Musik von einem Farbigen stammte, durchzuckte es mich gewaltig. Wie hätte ich reagiert? Bin ich wirklich so vorurteilsfrei, wie ich es immer von mir gedacht habe? Wenn ich Musik höre1, welche Hautfarbe hat der Künstler oder die Künstlerin in meinem Kopf?
Autsch, mir wäre es genauso gegangen, wie Millionen weißer Amerikaner. Auch ich hätte zunächst ein weißes Gesicht vermutet.
Natürlich kann ich meine Prägung als Argumentation anführen, meinen ersten Farbigen so konkret vielleicht so mit 10-12 Jahren kennengelernt zu haben. Aber sollte ich mich nicht weiter entwickelt haben? Wie tief kann diese Lebenserfahrung sitzen? Wie tief sitzen Vorurteile, auch wenn man immer wieder gegen sie ankämpft?
So oder so, aus seiner eigenen Haut heraus kommt man nicht. Es ist aber eine Frage und auch eine Verantwortung, was man mit dem Wissen um die Unterschiede der Menschen macht.
Eine Reduktion auf die Hautfarbe, Statur oder Gesichtszüge ist genauso falsch, wie das Ignorieren der jeweiligen Mentalitäten und Erfahrungen derjenigen, mit denen wir es zu tun haben, unabhängig auf welchem Fleckchen Erde die Wurzeln waren.
Kleiner Nachtrag: In einem Podcast über Rassismus in der Schule kam heraus, dass Mobbing unter Schülern wegen Migrationshintergrund ein nachgestelltes Problem ist. Hauptproblem ist der kleine, feine, stichelnde Rassismus durch die Lehrer. Es geht nicht um den Fingerzeig, sondern eine konsequente Selbstbeobachtung.