a number of owls are sitting on a wire

Herausforderungen Automobil

Es ist mal wieder ein Podcast, der ein paar tiefergehende Betrachtungen bei mir angeregt hat. Johannes Ceh im Gespräch mit Robert Gögele diskutieren über die „Jobs to be done“ im Sinne der (deutschen) Automobilindustrie.

Zunächst erst einmal, so einen Podcast auf die Beine zu stellen, ist ein großartiger Job! Den Chef  einer Beratungsgesellschaft zum Interview zu bekommen umso mehr!

Ein paar Punkte möchte ich aber doch mal etwas „tieferlegen“.

User-Experience, Erlebnis Autofahren. Zu verschiedenen Gelegenheiten wurde auf dieses Buzzword hingewiesen. Aber was genau verbirgt sich dahinter?

Hierzu sollte man ziemlich genau abstecken, was man genau meint.

Die User-Experience eines Autos ist ja grundsätzlich erst einmal, von A nach B zu kommen. Soweit, so gut. Das können die Automobilhersteller weitestgehend sicherstellen. Die Unterschiede kommen also im Wesentlichen durch

  • Karosserie
    • Fahrzeugtyp, Größe, Design
    • Crashsicherheit, Verwindungssteifigkeit
    • Raumausnutzung
  • Interieur
    • Design, Materialien
    • Look&Feel
  • Antrieb, Bremsen
    • Be- und Entschleunigung
    • Energieverbrauch
    • Schaltgefühl bzw. -verhalten
  • Lenkung, Dämpfer
    • Lenkunterstützung, Direktheit
    • Abroll- und Dämpfungskomfort
  • Infotainment, Klima
    • Funktionsumfang, Usuability
    • Klimazonen, Zugfreiheit, Einstellbarkeit
  • Assistenzsysteme
    • Tempomaten, Abstandhalter
    • automatisiertes Parken
    • automatisiertes Fahren

zustande.

User-Experience?! Eine interessante Einschätzung kam von Herrn Gögele, dass man in der deutschen Automobilindustrie mit Software hadert. Das ist aber eine eher oberflächliche Einschätzung.

Die meisten der o.g. Funktionen basieren auf Software, embedded Systemen, von denen der Fahrer und die Passagiere (fast) nichts mitbekommen (sollen), außer eben die Nutzfunktion ansich.

Kommentare wie „andere können es besser“ sind m.E. ebenfalls nicht wirklich zielführend. Natürlich hat ein Tesla bereits Fahrhilfen an Bord, die „quick & dirty“ zusammengeschustert sind. Ziel war es für Tesla, „first to market“ zu sein, nicht sich um technisch wirklich serienreife und sicherer Produkte zu kümmern. Mit der platten Aussage, „der Fahrer behält die Oberhand“ zieht sich die Firma um Elon Musk aus der Verantwortung.

Hier haben die deutschen Unternehmen einen ganz anderen Anspruch. Und der lautet Sicherheit nach Norm. Gerade die Einhaltung der Normen führt aber auch zu einem Mehrinvest in Richtung Zeit und Geld – und damit in der Konsequenz eben nicht mehr „first to market“ zu sein.

User-Experience bzw. besser User-Expectation muss aber sehr stark nach Märkten unterschieden werden.

Der deutsche Markt ist was autonomes Fahren angeht, eher skeptisch, ganz im Gegenteil zum amerikanischen Markt, der quasi nach automatisiertem Fahren lechzt.

Die Asiaten hingegen schauen – durchaus politisch motiviert – auf Elektrifizierung auf Teufel komm raus bzw. Multimedia-Experience im Fahrzeug. Auch sind Funktionen wie Online-Updates für den asiatischen Markt ein wichtiges Indiz für Aktualität.

Wenn also Herr Göbele von Defiziten im Umgang mit Software bei den deutschen Automobilherstellern spricht, gilt das im Wesentlichen für Multimediasysteme. Hier gäbe es schon einige Aufgaben zu erledigen, die aber weniger in dedizierten Automotive-Lösungen liegen, als vielmehr der Integration von Mobile Devices im Multimediasystem. Den Vorsprung der Smartphones aufzuholen, ist m.E. unverhältnismäßig teuer und auch gar nicht notwendig.

Der Blick sollte vielmehr auf einer vernünftigen Integration von Android- und Apple-Systemen im Fahrzeug liegen – sprich Mirroring, Audio- und Telefonübertragung. That’s it.

Deutsche Automobilhersteller wollen alles selber machen? Mitnichten. Das Heer an Zulieferern spricht eine komplett andere Sprache. Die Kernkompetenz des „Blech biegens“ bleibt natürlich beim Automobilhersteller, der Rest, also was Komponenten angeht, wird von extern zugeliefert. Und hier haben die ausländischen OEM’s und die Deutschen die gleichen Tier-1’s.

IoT (Internet of Things) als Diagnosegeber ist auch durchaus als Fehleinschätzung zu sehen. Hierfür gibt es dedizierte Diagnosesysteme, die auf Automotive zugeschnitten sind und auch – allen Unkenrufen zum Trotz – vernünftig eingesetzt werden können. Dass das Auto letztlich ein IoT ist, sollte den Nutzern langsam bewusst geworden sein. Schließlich kommunizieren die Autos bereits jetzt in nicht unerheblichem Maße via Internet.

Aus meiner persönlichen, mittlerweile recht umfangreichen Erfahrung in der Automobilindustrie werden wir auf ganz andere Probleme und Challenges stoßen, als die bisher Formulierten.

Die großen Herausforderungen liegen m.E. in der Safety von autonomen Fahrzeugen und der Absicherung im Sinne von Security. Auch die Einhaltung von Datenschutzregeln in Verbindung mit potentiellen Geschäftsmodellen und gehypten Funkionen wie Car2Car- bzw. Car2X-Kommunikation wird nicht nur die Ingenieure sondern früher oder später auch die Legislative und Judikative beschäftigen. Hacker beschäftigen sich schon jetzt damit!

„Von Außen gesehen“ mögen die Argumente von Herrn Göbele sicher nachvollziehbar sein, ein Blick hinter die Kulissen spricht aber eine durchaus andere Sprache.

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