a number of owls are sitting on a wire

Modernes Interregnum: Wenn die Politik Führung verweigert

Der Begriff Interregnum stammt aus der europäischen Geschichte und bezeichnet Zeiten der Führungslosigkeit, in denen kein legitimer Herrscher auf dem Thron saß. Solche Phasen waren meist geprägt von Unsicherheit, Stagnation und dem Ringen konkurrierender Kräfte um die Macht.

Ein Blick auf die gegenwärtige politische Landschaft lässt Parallelen erkennen: Auch heute befinden wir uns in einer Art Interregnum, in dem Politiker, statt zu führen, im Modus eines permanenten Wahlkampfes verharren.

Anstatt sich mit den dringendsten Krisenthemen auseinanderzusetzen, verfallen politische Entscheidungsträger in oberflächliche Debatten und kurzfristige Machtspiele. Die wirklichen Herausforderungen unserer Zeit – explodierende Kosten für Wohnraum, steigende Energiepreise, die Abwanderung hochqualifizierter Fachkräfte, die angespannte Lage der Ukraine, der Konflikt im Nahen Osten und die außenpolitischen Auswirkungen des Trump-Wahlsiegs – geraten zunehmend in den Hintergrund.

Diese Themen, die Bürger und Unternehmen direkt betreffen und teils existenzielle Sorgen auslösen, finden kein Gehör in der politischen Agenda. Vielmehr dominiert die Selbstdarstellung.

Wahlkämpfe gleichen dabei eher einem taktischen Kräftemessen auf einem Schachbrett als einem offenen Dialog mit den Wählern auf Augenhöhe. Die politische Arena wirkt dabei wie ein Spielplatz, auf dem Politiker mit Spielzeugsoldaten um die Kontrolle ringen, statt authentische Verbindungen zu den Menschen aufzubauen. Die Bürger fühlen sich ignoriert – ihr Bedürfnis nach Stabilität und echter Repräsentation bleibt unbeantwortet. Die Politik agiert, als könne sie es sich leisten, die Sorgen der Bevölkerung beiseitezuschieben, und verweigert somit den Anspruch auf echte Führung.

Die Konsequenz dieses Verhaltens ist ein tiefes Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der politischen Klasse. In der globalisierten Welt erfordert es nicht nur Symbolpolitik, sondern substanzielle Entscheidungen und klar definierte Ziele, um Krisen zu bewältigen und den Bürgern Halt zu geben.

Stattdessen sehen wir eine Art politisches Interregnum, in dem Machttechniken wichtiger sind als Problemlösungen und authentische Führungsqualitäten. Es ist eine Epoche des Stillstands, die die ohnehin bereits verunsicherten Bürger weiter entfremdet.

Die Bedeutung dieses modernen Interregnums wird besonders im Kontext der geopolitischen Veränderungen deutlich. Ein möglicher Trump-Wahlsieg, mit all seinen Auswirkungen auf die transatlantischen Beziehungen, verlangt eine Neuausrichtung in der deutschen und europäischen Außenpolitik. Statt frühzeitig Strategien zu entwickeln, verharrt die Politik jedoch in der alten Routine und vermeidet unangenehme, aber notwendige Diskussionen.

Die Geschichte lehrt uns, dass die Zeiten eines Interregnums meist von Instabilität und Unzufriedenheit geprägt sind – genau das Risiko, das auch wir gegenwärtig laufen. Es braucht Mut zur Führung und einen klaren Blick auf die realen Krisen unserer Zeit, um die politische Verantwortung zurückzuerlangen und aus diesem modernen Interregnum herauszutreten.

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