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Glorifizierte Geschichte: Warum Eliten die Vergangenheit verklären

Gerade in den Zeiten der Wahlen treffen wir immer wieder auf Meinungsbilder, die irgendwie überhaupt nicht in unser Weltbild passen, weil sie aus einer anderen Zeit gefallen zu sein scheinen. Wie kommt es aber dazu, dass Menschen aus der Geschichte nichts lernen, im Gegenteil, sie sogar glorifizieren?

Das versuche ich im nachfolgenden Artikel „Glorifizierte Geschichte“ zu beleuchten.

Warum Geschichtsbilder stark gefärbt sind

Geschichte ist nicht nur eine Aufzählung von Ereignissen, sondern auch eine Frage der Interpretation. Wer erzählt, hat Macht über die Perspektive. Politische, wirtschaftliche und kulturelle Interessen beeinflussen, welche Aspekte der Geschichte betont und welche verschwiegen werden. In diesem Kontext wird deutlich, dass Geschichtsbilder oft ein verzerrter Spiegel der Realität sind, geprägt von den Werten und Zielen der jeweils dominierenden Gruppen1.

Die Entstehung und Verfestigung von Geschichtsbildern ist ein komplexer Prozess, der von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Ein wichtiger Aspekt ist die sogenannte „journalistische Geschichtsschreibung“, die sich an den Zielsetzungen und Verfahrensweisen des Journalismus orientiert und oft nicht die Kriterien wissenschaftlicher Historiographie erfüllt2. Diese Art der Geschichtsdarstellung kann zu erheblichen Verzerrungen oder sogar Verfälschungen der historischen Realität führen.

Zudem spielen gewisse Neigungen mancher Geisteswissenschaftler eine verhängnisvolle Rolle bei der Entstehung wirklichkeitsfremder Geschichtsbilder. Dazu gehören Tendenzen zu leichtfertigen Verallgemeinerungen, Typisierungen sowie zum ausgeprägten Schlagwortdenken3. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass sich irreführende Geschichtsbilder über das Verhalten und Erleben deutscher Normalbürger in bestimmten Epochen, wie beispielsweise der NS-Zeit, hartnäckig halten können.


Hartnäckigkeit brauner Narrative unter Eliten

Die Hartnäckigkeit brauner Narrative unter Eliten ist ein komplexes Phänomen, das durch verschiedene Faktoren begünstigt wird. Die homogene soziale Zusammensetzung der Eliten, insbesondere in der Wirtschaft, trägt maßgeblich dazu bei. Wie Michael Hartmann aufzeigt, stammen etwa 80 Prozent der deutschen Wirtschaftselite aus dem Bürger- oder Großbürgertum4.

Diese exklusive Rekrutierung führt zu einer Art „Parallelgesellschaft“, die sich von den Realitäten der breiten Bevölkerung entfremdet hat5. Die relative Sicherheit und der wirtschaftliche Erfolg der Eliten, selbst in Krisenzeiten, verstärken die Tendenz zur Verklärung der eigenen Position. Statt strukturelle Vorteile anzuerkennen, wird der Erfolg oft als rein individuelle Leistung interpretiert. Diese Denkweise begünstigt die Erhaltung problematischer Narrative und kann zu einer verzerrten Wahrnehmung sozialer Realitäten führen.

Ein weiterer Faktor ist das Fortbestehen nationalistisch geprägter Inhalte in Bildung und Recht. Lückenhafte oder verharmlosende Darstellungen historischer Ereignisse in Lehrplänen schaffen Raum für narrative Verzerrungen. Geschichtsrevisionistische Tendenzen, die besonders die Zeit des Nationalsozialismus umdeuten, sind ein Beispiel für solche problematischen Narrative6.

Die finanzielle Macht der Eliten ermöglicht es ihnen, Narrative zu kontrollieren und ihre historische Rolle zu beschönigen. Dies kann dazu führen, dass kritische Aufarbeitung unterdrückt wird, während privilegierte Positionen verteidigt werden. Die Verbindung von ökonomischer Macht und ideologischer Beeinflussung stellt eine besondere Herausforderung für die demokratische Gesellschaft dar. Die Persistenz brauner Narrative unter Eliten wird auch durch die Normalisierung rechter Themen in der öffentlichen Debatte begünstigt. Wie Cynthia Freund-Möller vom Komrex betont, nutzen rechtspopulistische Parteien wie die AfD diese Normalisierung als „Einfallstor“ für ihre Ideologie9. Diese Diskrepanz zwischen den Eliten und der breiten Bevölkerung kann zu Politikverdrossenheit führen und den Nährboden für populistische Bewegungen bereiten10.

Wie bereits im Artikel „Eliten, Stolz und Vorurteil: Können wir uns das noch leisten?“ ausgeführt, fördert diese Dynamik eine gefährliche Blindheit gegenüber den eigenen Verstrickungen und Privilegien.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hartnäckigkeit brauner Narrative unter Eliten ein komplexes Phänomen ist, das durch verschiedene soziale, wirtschaftliche und psychologische Faktoren begünstigt wird. Eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Position und Geschichte sowie eine größere Diversität innerhalb der Eliten könnten dazu beitragen, diese problematischen Narrative aufzubrechen und ein ausgewogeneres Geschichtsbild zu fördern.


Weiterführende Literatur

https://sezession.de/6928/geschichtsbilder-und-generationenfolge

Klicke, um auf afs61_03_kroll.pdf zuzugreifen

https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichtsrevisionismus
https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Austausch
https://www.bpb.de/themen/kultur/digitale-spiele/504989/historische-identitaets-und-feindbilder/

Klicke, um auf populismus_factsheet_v2.pdf zuzugreifen

https://www.sueddeutsche.de/kultur/geschichtsbilder-die-maechtigen-beugen-die-zeit-1.4217403

Braune Narrative

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