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Geschenke für Reiche: Wie der Staat Wohlhabende massiv unterstützt

Das gängige Narrativ ist klar: Reiche tragen durch hohe Steuern einen überproportionalen Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens bei. Sie sind die „großen Geber“, während der Rest der Gesellschaft von ihren Zahlungen profitiert. Doch dieses Bild hält einer genaueren Analyse nicht stand. Tatsächlich erhalten Wohlhabende in vielfacher Hinsicht massive Unterstützung vom Staat – oft unsichtbar, aber umso wirkungsvoller.

Das Märchen vom großen Steuerzahler

Oberflächlich betrachtet scheint das Argument schlüssig: Wer viel verdient, zahlt absolut höhere Summen an Steuern und Abgaben. Doch damit wird übersehen, dass nicht die absolute Summe, sondern der Anteil des Einkommens und Vermögens entscheidend ist. Steuerrechtliche Privilegien, Abschreibungen, Erbschafts- und Schenkungssteuern sowie Kapitalertragssteuern sind so gestaltet, dass Reiche relativ gesehen weniger leisten, als oft angenommen wird.

Der österreichische Vermögensforscher Martin Schürz bringt es im Podcast „Reiche Menschen bekommen viel vom Staat“ präzise auf den Punkt: „Reiche profitieren von einem Steuersystem, das ihnen den Erhalt und die Vermehrung ihres Vermögens erleichtert.“ Schürz weist darauf hin, dass durch gezielte Gestaltung der Steuerpolitik (z.B. niedrige Kapitalsteuern) Vermögende strukturell bevorzugt werden.

Staatliche Leistungen: Unsichtbare Subventionen für Vermögende

Auch abseits der Steuerpolitik erhalten Reiche umfassende staatliche Unterstützung:

  • Rechtssicherheit: Der Staat garantiert Eigentum und schützt Investitionen – eine Leistung, die insbesondere große Vermögen absichert.
  • Infrastruktur: Straßen, Flughäfen, digitale Netze – all dies kommt überproportional jenen zugute, die Mobilität und Handel intensiv nutzen.
  • Bildung und Wissenschaft: Spitzenuniversitäten und Forschungseinrichtungen werden maßgeblich durch öffentliche Mittel finanziert, von denen Großunternehmen und ihre Inhaber stark profitieren.
  • Finanzmarktstabilität: Maßnahmen wie Bankenrettungen oder expansive Geldpolitik sichern primär das Vermögen jener, die große Finanzanlagen besitzen.

Diese Leistungen bleiben oft unsichtbar, weil sie nicht individuell ausgezahlt werden – ihre ökonomische Wirkung ist dennoch erheblich.

Steuerprivilegien: Reiche zahlen relativ weniger

Betrachtet man die reale Steuerlast, wird deutlich, dass der progressive Charakter vieler Steuersysteme durch vielfältige Ausnahmen ausgehebelt wird. Kapitaleinkommen werden oft niedriger besteuert als Arbeitseinkommen. Erbschaften – oft der entscheidende Mechanismus zur Vermögensweitergabe – bleiben in vielen Ländern entweder steuerfrei oder werden sehr niedrig belastet.

Studien belegen, dass die effektiv gezahlten Steuersätze bei den Top-Vermögen oft unter jenen der Mittelschicht liegen. Martin Schürz fasst dies treffend zusammen: „Vermögen wird nicht verdient, es wird verteidigt.“ Der Staat spielt hierbei eine zentrale Rolle als Schutz- und Erhaltungsinstanz.

Sozialer Frieden: Ein staatliches Geschenk an die Reichen

Ein oft übersehener Aspekt: Sozialleistungen und staatliche Absicherungssysteme schaffen gesellschaftliche Stabilität. Diese Stabilität ist Voraussetzung dafür, dass Vermögende ihr Eigentum behalten und vermehren können. Ohne einen funktionierenden Sozialstaat wäre die soziale Spannungen wesentlich höher – eine Bedrohung nicht nur für die Ärmsten, sondern gerade auch für die Reichen selbst.

Schürz argumentiert daher, dass der Sozialstaat nicht einseitig als „Last“ für Wohlhabende betrachtet werden sollte, sondern als zentrale Voraussetzung für ihren langfristigen Wohlstand.

Fazit: Wer bekommt hier wirklich Geschenke?

Das Bild vom reichen Großspender, der aus altruistischen Motiven den Staat finanziert, ist bei näherem Hinsehen nicht haltbar. Reiche erhalten vielfältige, oft unsichtbare Leistungen vom Staat, die ihren Wohlstand absichern und mehren. Steuerprivilegien, Rechtsordnung, Infrastruktur, soziale Stabilität – all das sind massive Transfers, die weit über die gezahlten Steuern hinausgehen.

Wenn wir über Gerechtigkeit und Vermögensverteilung sprechen, müssen wir diese Dynamiken offenlegen. Nur so können wir zu einer reflektierteren und ehrlicheren Diskussion über die Rolle von Reichtum und Staat kommen.

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