Lebensretter 5G?

Es gibt so Beiträge – diesmal aus der FAZ aus meiner „to-read“-Liste, die zeigen wieder einmal, wie man sich in der Politik die Technologie so vorstellt.

Wenn Autos im Sinne einer Car-to-Car Kommunikation ihren jeweiligen Status austauschen, können die Zahlen der Verkehrstoten auf fast Null gesenkt werden? Nun, fast Null kriegen wir nur beim technischen Verständnis der Politiker hin. Zugegeben, der war böse, aber auch nicht wirklich falsch.

Statistik

Ohne zu tief ins Detail gehen zu wollen1, analysieren wir doch einfach mal die allgemein bekannten Fakten, die Unfallstatistik.

Lt. Statistik kamen im Jahr 2017 1434 PKW-Fahrer, 167 LKW-Fahrer, 642 Biker, 22 Busfahrer und/oder -Insassen, 382 Radfahrer und 483 Fußgänger ums Leben. Was die Statistik nicht aussagt, welches Verkehrsmittel ursächlich für die Toten eine Rolle gespielt hat.

Rechnet man nun einmal die Quote der Getöteten auf die Anzahl der beförderten Personen im Straßenverkehr (2016: 59,51 Mrd.), so ergibt sich doch eine wirklich extrem niedrige Quote, nämlich ca. 0,05 ppm. Auf Personenkilometer gerechnet (2016: 1143,83 Mrd.) wird die Quote noch geringer, nur noch ca. 0,003 ppm. Das setzt die Erwartungshaltung in die Technologie schon ziemlich hoch.

Schwächen der Verkehrsstatistik sind leider fehlende Zusammenhänge in Fahrsituationen und nach Verursacherprinzip. Hätte man diese Zahlen, könnte man prüfen, inwieweit C2C den Unfall hätte verhindern können. Wirklich signifikant wird es vermutlich nicht sein.

5G-Ausbau

Der 5G Ausbau im Sinne eines Telekommunikationsnetzes ist nicht wirklich relevant, weil 5G in dieser Anwendung als Peer-to-Peer-Verbindung agiert, also ohne Verwendung von Basisstationen.

Das erleichtert schon einmal die Betrachtung.

Fahrzeugbestand

Schaut man auf den Fahrzeugbestand des KBA ergeben sich folgende Zahlen für Jan. 2019:

Zugelassene PKW: 47,1 Millionen, Anteil deutsche Marken: 64,1%, Durchschnittsalter: 9,5 Jahre.

Allein diese Zahlen bringen mich dann schon ins Grübeln. Wenn man das Durchschnittsalter der Fahrzeuge betrachtet, kann man ungefähr abschätzen, wann sich eine Technologie im Feld durchsetzen wird.

Geht man davon aus, dass C2C in vielleicht 3-5 Jahren serienreif sein dürfte, wird es mit einer Durchdringung auf dem Markt ohne gesetzliche Forderung sehr lange dauern, bis tatsächlich die Fahrzeuge in ausreichendem Maße mit dieser Technologie ausgestattet sein dürften. 2050 ist zwar noch gut 30 Jahre hin, ein weiteres Problem dürfte sich aber trotzdem gegen das hoch gesteckte Ziel richten: die Fehlerquoten der Technik.

Fehlerquote (nur) Geschwindigkeitsassistenten

Zwar ist der ADAC in der letzten Zeit nicht durch übertriebene Glaubwürdigkeit aufgefallen, bei statistischen Angaben dürften sie aber nicht wirklich weit weg von der Realität liegen:

Der ADAC hat ermittelt, dass Geschwindigkeitsassistenten2 eine Fehlerquote von ca. 10% aufweisen. Nun muss man sagen, dass die Systeme bereits eine durchaus ordentliche Reife3 erlangt haben. Die ermittelte Fehlerquote halte ich zwar für etwas hoch, aber trotz alledem halte ich die erreichbaren Fehlerquoten für durchaus vergleichbar mit den menschlichen Fehlern, die zu tödlichen Unfällen geführt haben. Eine Reduktion sehe ich hier nicht.

Aufwand

Betrachtet man den zu tätigenden Entwicklungsaufwand, dürfte von einer Effizienz der Systeme eigentlich keine Rede sein. Weltweit sterben durch Verkehrsunfälle ca. 1,25 Mio. Menschen, davon entfallen ca. 28.000 Tote auf die EU. In absoluten Zahlen gesehen, belegt Deutschland mit ca. 3500 Toten Platz 3, hinter Polen (ca. 3900) und Italien (ca. 3800). Interessant sind jedoch weniger die absoluten Zahlen, sondern eine Betrachtung im Verhältnis zu der Einwohnerzahl bzw. im Verhältnis zu den motorisierten Fahrzeugen in den jeweiligen Ländern.

Auch wenn es in Deutschland ca. 3500 Tote gibt, sind wir im Ranking mit 4,3 Toten je 100.000 Einwohner auf einem sehr guten Platz 22, ebenso mit 6,8 Toten je 100.000 Fahrzeuge.

Spitzenreiter sind in diesen Kategorien Litauen, Polen Lettland (Plätze 1-3 bei Toten je 100.000 Einwohner), bzw. Rumänien, Lettland und Kroatien (Plätze 1-3 bei Toten je 100.000 Fahrzeuge).

Finanziell betrachtet, dürfte der Aufwand sich nicht wirklich lohnen.

Bei der Annahme von Entwicklungskosten von (nur) 50 Mio. je Automobilhersteller, kommen schon einmal bei den Herstellern die mir spontan einfallen, mehr als 600 Mio. Euro zusammen, was sehr konservativ geschätzt ist.

Für die EU betrachtet macht das mehr als 20.000 Euro je Unfalltoten. Verteilt man die Aufwände auf Europa gesamt, sind es immerhin noch gut 10.000 Euro, für die wichtigsten Industrieländer ergeben sich immerhin noch 4.700 Euro je Toten. Bei der Rechnung wäre vorausgesetzt, dass mit 5G tatsächlich die Unfallschwere mit tödlichem Ausgang hätte verringert werden können.

Ich weiß, man darf Menschenleben nicht mit Geld aufrechnen, zumal die Investitionen ja nicht vom Staat, sondern von den Automobilherstellern kommen. Trotzdem sehe ich, was die Prognosen der EU angeht, kein adäquates Mittel, um Menschen vor dem Unfalltod zu bewahren.

Vielleicht kann sich ja mal ein Journalist dieser Fragestellung annehmen und investigativ hinterherrechnen und tiefergehender recherchieren!

Alternativen

Ich wüsste aber schon, an welchen Stellen ich ansetzen würde, wenn ich als EU Leben retten wöllte…

Laut Statistik sterben in allein in Deutschland ca. 42.000 Menschen direkt an den Folgen von Alkoholmissbrauch! 12% der Verkehrstoten geht auf Konto dieses „Genussmittels“, ebenso 11% der Schwerverletzten!

Europaweit verursacht Alkohol nur an Kosten wegen Erkrankungen von ca. 20,6 Mrd. Euro, bei ca. 750.000 Arbeitsplätzen in der Alkoholindustrie macht das mehr als 27.000 Euro Schaden je Arbeitsplatz! Bei Betrachtung sämtlicher sozialer Kosten in Höhe von jährlich ca. 125 Mrd. Euro wären das schon 167.000 Euro Schaden je Arbeitsplatz! Diesen Gedankengang darf man nicht wirklich „weiterspinnen“!

Ach ja, Rauchen tötet allein in der EU ca. 700.000 Menschen.

In Deutschland sind ca. 100.000 Menschen in der Tabakindustrie angestellt. Bei etwa 120.000 Toten durch Rauchen pro Jahr hat also fast jeder Angestellte seinen jährlichen Toten! Ganz nebenbei verursacht das Rauchen ca. 79 Mrd. soziale Kosten, was also knapp 74.000 Euro je Mitarbeiter4 ausmacht. Thank you for smoking!

Positiv für Europa – die hier produzierten Waffen töten weitestgehend „nur außerhalb“, fallen also nicht signifikant als lebensverlängernde Maßnahme seitens der EU ins Gewicht.

Eigentlich müsste man sich nur die Statistik der Todesursachen ansehen, um festzustellen, dass Unfälle im Straßenverkehr für Deutschland lediglich 0,4% der Sterbefälle ausmacht, Krankheiten des Kreislaufsystems, anteilig durch gesündere Ernährung sicher reduzierbar, jedoch ca. 40%. Prioritäten, liebe Politik, Prioritäten!

Nur um das klarzustellen – ich habe hier keine tiefgehende Analyse durchgeführt, nur grob ein paar Zahlen verglichen, Widerspruch würde mich also freuen!

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