Aus verschiedenen Gründen1 habe ich mich mit Blogbeiträgen zurückgehalten, u.a., weil Meinungsäußerungen zur Pandemie mehr als genug unterwegs sind.
Allerdings habe ich den Eindruck, dass sich viele „Experten“ zu Wort melden, die eigentlich nichts zu melden haben.
Das Virus hat uns im Griff und ich muss sagen, ich hätte nie gedacht, dass wir es mit einem ausgewachsenen Problem zu tun haben. Der Vergleich zur Influenza hatte ein verzerrtes Bild auch bei mir verursacht.
Wir sollten aber jetzt uns dem Wichtigsten zuwenden, was wir überhaupt zur Verfügung haben – Ehrlichkeit.
Liebe Wissenschaftler und Forscher!
Als Außenstehender in Sachen Medizin und Virologie, kann ich verstehen, in welcher Notsituation ihr steckt. Unter massivem Erfolgsdruck zu forschen und das Sterben im Nacken zu haben, ist alles andere als förderlich.
Bevölkerung, Politik und viel schlimmer – die Wirtschaft erwarten Fakten, Aufklärung und Ausblicke.
Ob es tatsächlich Konfuzius war, der diesen Spruch getan hat, weiß ich nicht, dass man aber unter einem Erfolgsdruck wie ihr ihn gerade erlebt, nur schwer zu vernünftigen Ergebnissen kommt, ist mir klar.
Auch wenn es gerade völlig unsinnig erscheint, nehmt euch Zeit für ordentliches Brainstorming, bündelt Kräfte und Fachrichtungen und nehmt euch auch die Zeit, nur abgestimmte Ergebnisse nach Außen abzugeben.
Kontroverse Ansichten sind im Forschungsbetrieb normal, jetzt aber einen akademischen Kleinkrieg zu führen, zeigt nicht Größe sondern Hybris. Diskutiert, aber bitte polemisiert nicht.
Unwissenheit über diesen neuen Feind ist kein Makel, die Arroganz, ihn verstanden zu haben zu glauben jedoch schon. Euer Ruf wird durch die Überlebenden verbreitet, das sollte euch klar sein!
Liebe Mediziner und Pflegepersonal!
Ihr macht einen hervorragenden Job. Angesichts der persönlichen Risiken und der Unklarheit, die das Virus mit sich bringt und unter Berücksichtigung der Missachtung eurer Arbeitsleistung und -auslastung immer noch für die Menschen da zu sein, spricht für Berufung und nicht bloße Pflichterfüllung.
Ihr steht an vorderster Front und seid die Einzigen, die derzeit ein halbwegs klares Bild über die aktuelle Situation haben. Dieses Bild zu vervollständigen, sind die Gesundheitsämter scheinbar nicht mehr in der Lage. Daher heißt es jetzt, Allianzen schmieden mit Fachleuten, Citizen Science und eine klare Datenlage schaffen.
Und bei allem, bitte bleibt gesund.
Liebe Politiker!
In einer Situation, die wir gerade erleben, waren wir noch nie. Weder die Pestepedemien, noch die Spanische Grippe, SARS und Co. haben eine derartige Auswirkung auf das Leben weltweit gehabt.
Daher ist es ganz normal, dass es in der Politik logischerweise „Trial & Error“ gibt. Wir2 haben tatsächlich einmal keine Ahnung, wie es weitergehen soll.
Es gibt Masterpläne, die für Pandemien bereits vor Jahren erstellt wurden und Aktivitäten und Konsequenzen klar aufgestellt haben. Letztere sind nicht schön, so ein Herabsinken der Wirtschaftsleistung.
Daher habe ich folgende Bitten an euch:
- Lest endlich die Pandemiepläne der Expertengremien!
- Klärt die Bevölkerung über das auf, was kommen wird!
- Verabschiedet euch von tradierten Dogmen, wie einem permanenten Wachstum. Das ist nicht normal!
- Seid ehrlich, dass wir im Moment – bis auf die Vorhersagen der Pandemiepläne – keine Aussagen über die Zukunft treffen können.
- Lasst die Wissenschaftler in Ruhe arbeiten und setzt niemanden unter Druck, welcher Art auch immer – Gras wächst nicht schneller, wenn man dran zieht.
- Verwendet euren Verstand. Manche Lösungen lassen sich einfach herleiten und sind durch ein bisschen Physik und Lebenserfahrung erklärbar.
- Habt endlich den Mut, an die zu denken, die euch gewählt haben. Gegenüber den Überlebenden werdet ihr euch rechtfertigen müssen.
- Fördert die Menschen, sie sind diejenigen, die Unternehmen wieder zum Laufen bringen können.
Wählen werden euch nur die Überlebenden, und auch nur dann, wenn sie das Gefühl haben, ihr habt einen vernünftigen Job gemacht.
Liebe Wirtschaft!
Ich verstehe, dass euch das Herz blutet, wenn die Unternehmungen in einer Krise sind. Aber denkt bitte daran, wer den Wirtschaftskreislauf am Leben hält – es sind nicht die paar Aktionäre, die mit euren Geldern spekulieren. Es sind die Arbeitnehmer, die eine Leistung erbringen und die Kunden, die diese Leistungen in Anspruch nehmen. Sie gilt es jetzt zu schützen.
Bedenkt die Opportunitätskosten: Kunden, die man jetzt durch unüberlegtes Handeln vergrätzt, haben auch nach Corona ein gutes Gedächtnis und vergessen Ungerechtigkeiten nicht so schnell. Dafür sorgt auch das Internet.
Mitarbeiter, die durch vorschnelles, unüberlegtes Handeln verloren gehen, müssen nicht nur ersetzt werden, sie gehen auch als Know-How-Träger dem Unternehmen verloren.
Ihr habt in den letzten Jahrzehnten unglaubliches Phantomkapital angesammelt, das jetzt schmilzt. Denkt aber dran, die Fabriken stehen noch, Patente, Lizenzen usw. gehen auch durch Corona nicht kaputt. Ihr habt es in der Hand, mit Augenmaß und dem Blick in die Geschichte einen neuen, alten Weg zu gehen. Der Weg in ein Wirtschaftswunder 2.0 muss nur beschritten werden!