Achtung: Das Folgende ist ein fiktives Gedankenspiel – und dennoch weist es beunruhigende Parallelen zur politischen Realität auf. Als politisch wacher Mensch kann ich nicht länger schweigen. Ich sehe ein Szenario heraufziehen, das uns in den USA längst demonstriert wurde: Die schleichende Machtübernahme durch das Kapital, getarnt als Regierungsmodernisierung. Und Friedrich Merz? Der wirkt dabei wie die deutsche Blaupause zu Peter Thiel – nur mit Maßanzug, gespielter Paragraphensicherheit und einem Lächeln für die Presse.
Was in den USA mit großem Getöse und marktschreierischer Rhetorik geschieht, läuft in Deutschland leise, präzise und kalkuliert ab. Es beginnt nicht mit einem Putsch, nicht mit einem Aufstand, sondern mit Excel-Tabellen, Aufsichtsratsmandaten und Steuerdebatten. Es beginnt mit Menschen wie Friedrich Merz – einem Mann, der vorgibt, das System erneuern zu wollen, dabei aber nichts anderes tut, als es für die Interessen einer globalisierten Finanzelite umzuprogrammieren. Nicht mit dem Hammer, sondern mit dem Kugelschreiber.
Ich sehe darin nicht einfach konservative Politik. Ich sehe den Übergang in eine neue Phase des Kapitalismus: einen Zustand, in dem politische Macht, wirtschaftliche Kontrolle und digitale Infrastruktur zusammenfallen. Ein System, das nicht mehr dem Gemeinwohl verpflichtet ist, sondern der Rendite, der Effizienz, der Durchregulierung von unten nach oben. Der demokratische Mantel bleibt gewahrt – aber darunter wirkt längst eine andere Logik: die Logik des Profits, der Privatisierung, der permanenten Optimierung für die Märkte.
Friedrich Merz ist kein Donald Trump. Er ist kein Krawallmacher, kein Demagoge. Aber gerade das macht ihn gefährlich. Seine Agenda versteckt sich hinter Sachlichkeit. Hinter dem Versprechen von „Vernunft“, von „Ordnung“, von „Modernisierung“. Doch wenn man die Etiketten abzieht, bleibt ein Projekt übrig, das mit sozialer Marktwirtschaft nicht mehr viel zu tun hat. Es ist ein Projekt der Markt-Macht. Ein Projekt der Entdemokratisierung im Namen des Fortschritts.
Und ich frage mich: Wie lange schauen wir noch zu, bevor wir erkennen, dass hier ein Umbau der Republik stattfindet? Nicht über Nacht. Nicht mit Gewalt. Sondern durch Strukturveränderung, Gesetzgebung, Budgetplanung, Personalpolitik. Was in den USA als Thielismus greifbar ist – die Verschmelzung von Tech, Geld und Macht –, kommt in Deutschland in gedeckten Farben daher. Aber es kommt. Und Merz ist das Symptom wie auch der Vollstrecker dieses neuen Systems.
Die Thiel-Trump Agenda: Blaupause für Deutschland?
Peter Thiel hat ein politisches Modell erschaffen, das auf technokratischer Kontrolle, wirtschaftlicher Totaldominanz und autoritärem Liberalismus basiert. Seine Nähe zu Donald Trump ist dabei keine Laune – sondern Strategie. Über ein Dutzend seiner Weggefährten fanden sich in höchsten Regierungsämtern wieder. Und Firmen wie Palantir wurden mit bedeutenden Aufträgen gefüttert. Der Staat als Goldgrube, Machtinstrument und Datenstaubsauger – neu gedacht von Silicon Valley.
Thiel begreift Politik nicht als öffentlichen Auftrag, sondern als Störung. Der Staat ist für ihn nicht Lösung, sondern Problem – es sei denn, er lässt sich umfunktionieren. Also wird er umprogrammiert: nicht durch Revolution, sondern durch Rekrutierung. Ministerien werden mit Investoren und Quereinsteigern aus der Tech-Welt besetzt. Regulierungen werden entkernt, Kontrollinstanzen unterwandert. Alles im Namen der „Effizienz“, der „Innovation“, der „nationalen Sicherheit“.
In Thiels Ideologie – einer Melange aus Libertarismus, Technokratie und elitärer Kontrolllust – ist Demokratie ein Werkzeug, das nur so lange nützlich ist, wie es den Interessen der Eigentümerklasse dient. Danach wird es neu gebaut. Das Narrativ der „Wahrheits- und Versöhnungskommission“, das Thiel öffentlich unterstützte, sollte nicht nur mit den politischen Gegnern aufräumen – es war eine Blaupause für eine ideologisch gesäuberte Zukunft. Eine technokratisch-autoritäre Gesellschaftsform, in der Transparenz heißt: Wir sehen dich. Aber du siehst uns nicht.
Palantir, Thiels Kronjuwel, zeigt die Richtung: ein Unternehmen, das Daten aggregiert, analysiert und der Regierung liefert – für bedeutende Beträge. Es ist das perfekte Instrument der modernen Machtausübung: Wer Informationen besitzt, besitzt die Zukunft. Und Thiel verkauft sie gleich mit. An Regierungen. An Geheimdienste. An Polizei. Auch in Deutschland. Und an private Kunden. Die Grenze zwischen öffentlicher und privater Sphäre verschwimmt.
Und genau hier wird es brisant – auch für uns in Deutschland. Denn dieses Denken, diese Grenzverwischung, dieses Verschmelzen von Kapital, Technologie und Regierung – es ist ansteckend. Es lässt sich importieren. In Teilen ist es längst da. Und während wir noch über Datenschutz debattieren, wird die Infrastruktur der Kontrollgesellschaft schon aufgebaut – als Cloud-Service, als Plattformlösung, als Digitalstrategie der Bundesregierung.
Ich frage mich: Sind wir bereit, das zu erkennen? Oder sind wir schon zu sehr daran gewöhnt, dass technologische Macht nicht mehr demokratisch legitimiert wird, sondern durch Privateigentum? Wenn man Thiels Vision zu Ende denkt, bleibt nichts von dem, was wir unter öffentlichem Raum verstehen. Übrig bleibt ein Bildschirm. Und dahinter: ein System, das alles weiß – und nichts erklärt.
Ein deutsches Thiel-Szenario: Die Merz-Agenda
Hypothetische Verflechtungen: Merz – BlackRock – Thiel
Ich stelle mir vor, was passiert, wenn die Philosophie Thiels in Deutschland Wurzeln schlägt. Und ich lande bei Friedrich Merz. Zwischen 2016 und 2020 war er Aufsichtsratschef von BlackRock Deutschland. Kein Lobbyjob. Kein Ehrenamt. Sondern die Schaltzentrale eines Schattenbankensystems, das wie kein anderes Einfluss auf globale Märkte nimmt.
BlackRock kontrolliert Anteile an tausenden Unternehmen weltweit, darunter alle 30 DAX-Unternehmen. Es ist kein gewöhnlicher Investor – es ist ein stiller Herrscher. Es gibt kaum eine politische Entscheidung, deren Auswirkungen nicht durch ein BlackRock-Diagramm vorab simuliert wurden. Klimapolitik? Rentenfonds. Wohnungsmärkte? ETFs. Rohstoffe? Derivate. Kein Ministerium dieser Welt verfügt über mehr ökonomische Daten, über mehr Rechenleistung, über mehr algorithmisch getriebene Marktprojektion als diese Schattenmacht des Kapitals.
Merz war Teil davon. Er war Gesicht und Stimme dieser Organisation in Deutschland – offiziell als „Kontrollorgan“, de facto als politischer Türöffner. Und heute? Heute ist er Kanzler. Kanzler einer Bundesrepublik, die ihre wirtschaftliche Zukunft mit exakt jenen Akteuren verwebt, vor denen sie ihre soziale Balance einst schützte.
Stellen wir uns vor, diese Verbindung würde nicht unterbrochen, sondern vertieft. Stellen wir uns vor, BlackRock würde nicht nur Einfluss nehmen, sondern Gestaltungsmacht erhalten – durch Gesetzesinitiativen, Digitalisierungsstrategien, Infrastrukturfonds. Merz als politischer Frontmann einer neuen Elite, die längst nicht mehr von Nationalstaaten abhängig ist, sondern mit Algorithmen, Lobbyisten und Indexfonds mehr Macht ausübt als ganze Regierungen.
Und stellen wir uns vor, dass dieser Einfluss auf eine Vision trifft – eine Vision wie die von Peter Thiel. Eine technokratisch durchrationalisierte Gesellschaft, gelenkt nicht durch Wahlprogramme, sondern durch Datenmodelle. Politische Entscheidungen werden nicht mehr im Parlament verhandelt, sondern in Dashboards berechnet. Wer Kontrolle über die Zahlen hat, kontrolliert die Narrative. Wer Narrative kontrolliert, kontrolliert die Demokratie.
Merz wäre in diesem Szenario nicht bloß der deutsche Vertreter der Thiel’schen Ideologie. Er wäre deren Vollstrecker. Leise, effizient, juristisch unangreifbar. Während wir uns noch mit Rhetorik und Parteitagsreden beschäftigen, formiert sich hinter dem Kanzleramt eine neue Regierung – nicht gewählt, nicht sichtbar, aber umso wirkungsvoller: die Regierung der Märkte.
Und die Frage, die bleibt, ist diese: Können wir diesen Übergang noch aufhalten? Oder stehen wir bereits im Vorzimmer eines politökonomischen Regimes, das Demokratie nur noch als Fassade benötigt – um darunter die Herrschaft des Kapitals in ihrer elegantesten, perfektesten Form zu etablieren?
Neoliberale Doktrin: Wiener Schule meets Merz
Schon 2003 forderte Merz ein Steuersystem, das auf einen Bierdeckel passt. Heute verspricht er Steuererleichterungen von 99 Milliarden Euro – verteilt nach einem Muster, das so unsozial ist, dass selbst die FDP staunt: Das oberste Prozent bekommt über 33.000 Euro. Die untere Hälfte: 286 Euro. Das ist kein Versehen. Das ist Absicht. Es ist Hayek. Es ist Mises. Es ist die österreichische Schule – realpolitisch umgesetzt.
Die Wiener Schule – oft verklärt als akademische Außenseiterströmung – ist in Wahrheit der ideologische Maschinenraum des modernen Marktradikalismus. Ihre Protagonisten lehnen nahezu jede Form staatlicher Intervention ab. Soziale Sicherungssysteme? Verzerrung der Marktlogik. Arbeitsrecht? Hemmnis für die unternehmerische Freiheit. Steuerprogression? Enteignung. Der Markt ist heilig, der Staat maximal Nachtwächter. Und genau dieses Denken sickert mit Merz an der Spitze in die politische Mitte.
Was viele für eine harmlose Reformagenda halten, ist in Wahrheit ein systematischer Umbau. Die Rolle des Staates wird neu definiert: Weg vom sozialen Ausgleich, hin zur Standortsicherung. Menschen werden nicht mehr als Bürger betrachtet, sondern als Investitionsfaktoren – verwertbar oder überflüssig. Bildungspolitik wird zur „Wettbewerbsfähigkeit“ reformiert, Sozialpolitik zum Disziplinierungsinstrument umgedeutet. Und das alles im Namen der „Freiheit“ – einer Freiheit, die immer nur für jene gilt, die sie sich leisten können.
Merz’ Agenda folgt dieser Logik bis ins Detail. Es beginnt mit steuerpolitischer Entlastung der Vermögenden, geht weiter mit der Aushöhlung des Bürgergelds und endet bei der radikalen Entwertung nicht-marktförmiger Lebensrealitäten. Wer pflegt, wer erzieht, wer sich engagiert, aber nicht „leistet“, fällt aus dem Raster. Selbstbestimmung wird zur Ware. Und Solidarität zur Schwäche.
Ich sehe darin keine konservative Wirtschaftspolitik, sondern einen ideologischen Klassenkampf von oben. Und er wird geführt mit den Waffen der Bürokratie, der Statistik, der juristischen Formulierung. Keine Trillerpfeifen, keine Parolen. Dafür Excel-Modelle, Regressionsanalysen, „Reformbedarf“. Die Sprache ist technokratisch. Die Wirkung brutal. Die Betroffenen? Unsichtbar gemacht.
Und was ist das Ziel? Ein Staat, der nicht mehr schützt, sondern sich rechnet. Eine Gesellschaft, die nicht mehr integriert, sondern aussiebt. Eine Demokratie, die nicht mehr den Schwächsten verpflichtet ist, sondern den Stärksten den Weg freiräumt. Die „soziale Marktwirtschaft“ wird dabei nicht abgeschafft – sie wird umetikettiert. Und während wir noch glauben, wir lebten im alten System, sind wir längst nur noch Kunden in einem neoliberalen Geschäftsmodell namens Republik.
Kabinett-Vergleich: Trump vs. hypothetisches Merz-Kabinett
In Trumps aktueller Regierung sitzen mehr Milliardäre als in irgendeiner US-Regierung zuvor. CEOs, Tech-Fürsten, Medienfiguren. Es ist eine Herrschaft der Reichen – nicht hinter den Kulissen, sondern vor der Kamera. Ich frage mich: Was würde ein Merz-Kabinett im Thiel-Stil bedeuten?
- Finanzminister: Ex-Manager von BlackRock oder der Deutschen Bank
- Wirtschaftsminister: DAX-Vorstand oder Senior Partner einer Unternehmensberatung
- Digitalminister: Startup-Unternehmer aus dem Berliner Netzwerk
Man muss nicht fantasieren. Katherina Reiche, ehemals E.ON, sitzt bereits im Kabinett. Karsten Wildberger, ehemals bei E.ON und zuletzt CEO der CECONOMY AG, ist Digitalminister. Die Realität holt das Szenario längst ein.
Was in den USA als spektakuläre Besetzungsschlacht öffentlich ausgetragen wurde, erfolgt hierzulande elegant und fast unbemerkt: durch rotierende Aufsichtsratsstühle, vertrauliche Netzwerkabende, und den reibungslosen Wechsel zwischen Vorständen und Ministerien. Während in Amerika das Spektakel regiert, perfektioniert Deutschland die Funktionärsmaschine. Die Gesichter sind anders, die Agenda dieselbe.
Ein hypothetisches Merz-Kabinett im Thiel-Stil müsste nicht einmal radikal besetzt sein – es genügt, die richtigen Prinzipien zu teilen: Deregulierung, Standortwettbewerb, Technologiegläubigkeit, Privatisierung. Ein solches Kabinett wäre nicht per se antidemokratisch – es wäre post-demokratisch. Entscheidungen würden nicht mehr im Bundestag geboren, sondern in Strategiepapieren von Beratungskonsortien. Was zählt, ist nicht parlamentarische Debatte, sondern „Machbarkeit“ im Sinne von Shareholder Value.
Ich sehe eine stille Koalition entstehen: aus Politikern, die sich als „Manager des Staates“ verstehen, aus Wirtschaftslenkern, die sich als „Zukunftsmacher“ inszenieren, und aus Think Tanks, die das passende Vokabular liefern. Die Rollenverteilung ist klar: Die Politik öffnet Türen, die Wirtschaft füllt sie mit Interessen, die Öffentlichkeit wird mit dem Narrativ der „Innovation“ beruhigt.
Was früher als Filz bezeichnet wurde, wird heute als „Kooperation“ gefeiert. Was früher Distanz zwischen Politik und Kapital bedeutete, heißt heute „Branchenexpertise im Kabinett“. Und wenn dann noch ein paar Innovationspreise vergeben werden, ist der technokratische Schein perfekt: eine Regierung, die nur noch verwaltet, was längst entschieden wurde – von denen, die nie zur Wahl standen.
Ich frage mich: Wie viele Posten braucht es noch, bis wir erkennen, dass das Kabinett längst nicht mehr für die Mehrheit arbeitet – sondern für die, die am besten vernetzt sind?
Die „feinere“ deutsche Methode
Trump agiert laut. Merz agiert klug. Der Umbau des Staates erfolgt nicht mit Vorschlaghammer, sondern mit Gesetzesnovellen, Kommissionsberichten und Mediennarrativen.
- Schuldenbremsen-Manipulation: Die 100-Milliarden-Rüstungsausnahme war nur der Anfang. Schulden als Mittel zur Marktöffnung.
- Regulatorische Vereinnahmung: Bürokratieabbau heißt, Regulierungen zugunsten des Kapitals zu kippen.
- Sozialstaatsumbau: Das Bürgergeld soll verschwinden. Die „neue Grundsicherung“ bedeutet faktisch: Wer arbeiten kann, wird gezwungen.
Das ist keine bloße Verwaltung – das ist eine Re-Programmierung unseres Gesellschaftsvertrags.
Erschreckende Parallelen zur Realität
Was mich beunruhigt, ist nicht das Szenario. Sondern die Geschwindigkeit, mit der es Wirklichkeit wird:
- Die Nähe von Merz zu BlackRock ist dokumentiert und tiefgreifend.
- Seine Agenda entspricht der DNA neoliberaler Think Tanks.
- Die wirtschaftliche Elitenverflechtung schreitet voran – in Medien, Politik, Beratung.
- Das Thiel-Prinzip – Start-up-Macht übernimmt Staat – wird in Deutschland gerade neu verpackt.
Ich erkenne in der Entwicklung eine Art Systemmutation: Die Demokratie behält ihre äußere Form – Wahlen, Bundestag, Parteien –, aber im Inneren verändern sich ihre Triebkräfte radikal. Während das politische Personal austauschbar bleibt, werden die programmatischen Linien unsichtbar, aber umso wirksamer von privatwirtschaftlichen Interessen gezogen. Das politische Spielfeld wird immer mehr zur Bühne, auf der Marktlogiken als Sachzwänge inszeniert werden.
Merz ist kein Einzelfall – er ist ein Knotenpunkt. Seine Karriere steht exemplarisch für das Verschmelzen dreier Sphären: Kapitalmacht, politischer Einfluss und öffentlicher Inszenierung. Er spricht als Oppositionsführer über Bürokratieabbau, während seine Netzwerke längst daran arbeiten, regulatorische Hürden für Großunternehmen abzubauen. Er fordert fiskalische Disziplin, während Schattenhaushalte für Aufrüstung und Digitalisierung Milliarden umverteilen – nicht nach sozialer, sondern nach strategischer Logik.
Und dann ist da noch die ideologische Infrastruktur: Denkfabriken, Lobbyplattformen, Expertenrunden. Von der Ludwig-Erhard-Stiftung bis zur Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Sie schaffen den Boden, auf dem die Agenda gedeihen kann. Sie formen Begriffe wie „Verantwortung“, „Eigenleistung“, „Zukunftsfähigkeit“ – und laden sie mit marktradikaler Bedeutung auf. Wer da widerspricht, gilt nicht als Gegner, sondern als rückständig, als „Verhinderer“ von Fortschritt. Der Widerstand wird nicht bekämpft, sondern delegitimiert.
Das erinnert mich an das Thiel-Modell: nicht die Demokratie zerstören, sondern sie so umbauen, dass sie kompatibel wird mit Kapitalinteressen. Entscheidungen werden weiterhin demokratisch legitimiert – aber nur innerhalb eines Rahmens, der ökonomisch und digital vorstrukturiert ist. Es ist wie ein Spiel, bei dem die Regeln zwar bekannt sind, aber das Spielfeld ständig kippt – immer zugunsten jener, die es gestaltet haben.
Ich frage mich: Wenn wir das alles sehen, warum handeln wir nicht? Vielleicht, weil es zu „vernünftig“ aussieht. Vielleicht, weil es uns als „alternativlos“ präsentiert wird. Vielleicht, weil der Umbau nicht mit einem Knall geschieht, sondern mit einem freundlichen Gesicht vor der Kamera und einem PDF im Anhang. Doch das Ergebnis bleibt das gleiche: Eine Gesellschaft, die sich Schritt für Schritt von ihren demokratischen Versprechen entfernt – und sie ersetzt durch ein Managementsystem, das niemand gewählt hat.
Ein Appell an den Investigativjournalismus
Wenn wir jetzt nicht hinschauen, werden wir später nur noch Schadensberichte schreiben. Deshalb fordere ich:
- Recherchiert die fortbestehenden Netzwerke zwischen Merz, CDU und BlackRock.
- Untersucht die Geldströme hinter der CDU-Kampagne 2025.
- Durchleuchtet die Verbindungen deutscher Wirtschaftsführer zu Thiel-nahen Gruppen in den USA.
- Hinterfragt den ideologischen Einfluss wirtschaftsliberaler Denkfabriken auf Gesetzentwürfe.
Diese Themen dulden kein Zögern. Wir stehen vor einem leisen, aber tiefgreifenden Systemwandel. Ein Wandel, der nicht auf Demonstrationen beruht, sondern auf stillen Verhandlungen. Nicht auf Revolution, sondern auf Reformen, deren Folgen größer sind als jede Protestbewegung. Wer heute nicht hinschaut, wacht morgen in einer Republik auf, die sich radikal verändert hat – und zwar im Innersten ihrer demokratischen Struktur.
Es braucht Journalistinnen und Journalisten, die nicht nur berichten, was gesagt wurde, sondern was verschwiegen bleibt. Die nicht nur Kabinettslisten abtippen, sondern fragen: Wer hat sie geschrieben? Die nicht auf Pressekonferenzen warten, sondern in die Archive gehen, die Lobbyregister auswerten, Parteispenden nachverfolgen, interne Beraterkreise aufdecken. Die investigativ arbeiten – und unbequem.
Ich frage mich: Warum lesen wir in den großen Medien so wenig über die ideologischen Grundpfeiler der Merz-Agenda? Warum bleibt die Verbindung zwischen wirtschaftlicher Theorie, finanzieller Macht und politischer Umsetzung so oft ein Nebensatz? Warum interessieren wir uns für Wahlergebnisse, aber nicht für die Netzwerke, die vorher festlegen, was überhaupt zur Wahl steht?
Wir brauchen mehr als Schlagzeilen. Wir brauchen Tiefenbohrungen. Berichte, die nicht bei der Personalie enden, sondern beim System beginnen. Wir brauchen Watchdogs, keine Hofberichterstattung. Denn wer Macht hat, braucht Kontrolle – und wer sehr viel Macht hat, braucht sehr viel Kontrolle. Im Moment aber wird Merz’ Aufstieg eher als Comeback eines alten Bekannten erzählt – statt als Signal eines ideologischen Rollbacks.
Journalismus, der Demokratie ernst nimmt, darf sich nicht darauf beschränken, den Wettlauf zwischen Parteien zu kommentieren. Er muss fragen, wer eigentlich die Startlinie gezogen hat – und warum manche gar nicht erst mitlaufen dürfen.
Ein echter Investigativjournalismus würde diese Linien nachzeichnen – von BlackRock über Friedrich Merz bis hin zu transatlantischen Netzwerken, die wirtschaftsliberale Ideen nicht nur teilen, sondern orchestrieren. Und vielleicht würde er dann aufdecken, dass wir es nicht mit einem „neuen Kanzler“ zu tun haben – sondern mit dem Prototyp eines politischen Systems, das längst nicht mehr für alle gedacht ist.
Fazit: Das Gedankenspiel ist bereits in der Realität angekommen
Ich schreibe diesen Text nicht, um Panik zu erzeugen. Sondern um Klarheit zu schaffen. Was wir erleben, ist kein Zufall, kein technokratischer Betriebsunfall, kein temporäres Phänomen. Es ist Teil einer Strategie – kühl kalkuliert, präzise umgesetzt und eingebettet in eine Erzählung von Modernisierung, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit. Diese Begriffe klingen harmlos, ja sogar vernünftig. Doch unter ihrer Oberfläche arbeitet ein politisches Programm, das die Spielregeln unserer Demokratie grundlegend verändert.
Die „feine deutsche Methode“ ist kein Karikaturbild autoritärer Eskalation. Sie kommt nicht mit Schreien, sondern mit Excel. Sie baut kein Überwachungssystem mit Schlagstöcken, sondern mit Algorithmen, Beratungsstudien und rechtlich abgesicherten Rahmenbedingungen. Und das macht sie gefährlicher. Denn sie ist anschlussfähig. Sie wirkt modern. Sie wirkt effizient. Aber sie entzieht den demokratischen Institutionen Schritt für Schritt ihre Substanz.
Und das alles geschieht, während viele noch glauben, sie lebten im alten Spiel. Doch die Spielregeln haben sich längst geändert. Das Spielfeld ist schräg. Die Schiedsrichter sind gekauft. Und die Zuschauer dürfen zwar noch klatschen – aber nicht mehr mitreden.
Jetzt ist der Moment, aufzuwachen. Denn wenn das System erstmal läuft, wird es uns nicht mehr fragen, ob wir mitmachen wollen.
Was heute wie ein Szenario klingt, ist morgen politische Realität. Die Weichen sind gestellt. Und wir sitzen im Zug.
Wir können jetzt noch entscheiden, ob wir ihn aufhalten – oder ob wir mit offenen Augen in eine Gesellschaft fahren, in der Marktlogik über Grundrechte steht, und politische Macht nicht mehr gewählt, sondern verwaltet wird. Die Alternative ist nicht Panik. Die Alternative ist Widerstand – demokratisch, informiert, beharrlich. Noch ist es nicht zu spät. Aber viel Zeit bleibt uns nicht.