a number of owls are sitting on a wire

0100 1001 als Schulkonzept?

Toll, wenn man wieder von Digitalisierung in der Schule gesprochen und geschrieben wird. Aber was steht dahinter?

Für die Vermittlung „Digitalen Wissens“ sind entsprechende Technik sowie Hintergrundinformationen bei den Lehrenden tatsächlich dringend notwendig. Aber welchen Anteil hat dieses spezifische Wissen? Was genau soll unter „Digitalem Wissen“ vermittelt werden? Hat man da überhaupt einen Plan?

Die Industrie schimpft über unzureichend ausgebildete Schüler mit zu wenig Technikwissen. Aber ist denn das auch tatsächlich so? Sind Schüler und Studenten in der Lage (oder auch nicht), sich auf Technik einzulassen? Müssen sie es überhaupt?

Einen interessante, wenn auch indirekten Ansatz habe ich bei Dr. Werner Schäfer gefunden.

Dr. Schäfer stellt sich die Frage, was wirklich wichtig ist, wenn auch auf die Sprache bezogen. Die Vorgehensweise gefällt mir.

Was müssen Schüler von heute wissen? Ich würde (als Nichtpädagoge) einmal so herangehen:

Kognition

Sprache(n) und Sprachverständnis

Grundlage für unsere gesamte Kommunikation ist die Sprache, der ich einen großen Stellenwert beimessen würde, auch auf den Podcastbeitrag von Dr. Schäfer bezogen.

Der Idee von Dr. Schäfer, der Orthographie und Grammatik etwas weniger Aufmerksamkeit zu schenken, würde ich vielleicht sogar unterstützen.

Rein aus dem Bauch heraus würde ich denken, dass das Verstehen von Texten das größere Problem darstellt. Textinhalte bestehen schließlich aus:

  • Nutzinformationen1
  • Randinformationen2
  • Fehlinformationen3

die es in ihre Kategorie einzusortieren, nach Sokrates auszusieben gilt.

Um diese Fähigkeit zu erlangen, sind neben rein sprachlichen Kenntnissen auch

  • Literatur,
  • Geschichte,
  • Medienkompetenz4,
  • Politikverständnis und als Sammlung aller Kompetenzen die
  • Philosophie
  • erforderlich.

Eine ausreichende Bildung in diesen Sektoren bringt zumindest erst einmal das „verstehende Lesen“ auf eine neue Stufe und ermöglicht es, sich für die Naturwissenschaften „zu qualifizieren“.

Außer im Bereitstellen von Materialien sehe ich keinen wirklichen Nutzen durch Digitalisierung. Lehrer nutzen hier bereits durchaus die Möglichkeiten des Internets als Datensammlung, sei es durch klassische Suchmaschinen, als auch durch Social Media wie u.a. Pinterest und Instagram.

Naturwissenschaften

Als Ingenieur5 fühlt man sich in diesem Feld besonders sicher. Was aber genau wird im Leben in der Industrie bzw. Wirtschaft gebraucht?

Die Sprache der Naturwissenschaften ist die Mathematik, die einen großen Stellenwert einnehmen sollte, da auf ihr die Physik, Chemie, aber auch Biologie und Wirtschaftswissenschaften aufsetzen. Dabei ist mir aber klar, dass nicht alle Themenbereiche der Mathematik gleichstark behandelt werden müssen. Grundrechenarten sollten in meinen Augen besonders intensiv behandelt werden, da sie in fast allen Lebensgebieten benötigt werden, ebenso die Geometrie. Die wichtigste Anforderung an die Ausbildung sollte aber eine praxisnahe Mathematik sein, mit Anwendungsfällen für jedes Teilgebiet.

Physikalische Effekte überraschen uns im Leben immer wieder, lassen sich aber m.E. auf ein paar Grundthemen zurückführen. Meine Erfahrung im Leben als Ingenieur haben mir gezeigt, dass sich (fast) alles simplifizieren lässt und daher ein anwendbares Grundwissen6 Lernziel sein sollte.

Chemie und Biologie stehen für mich etwas ferner, interessensgebundener – worüber man natürlich trefflich streiten könnte. Aber auch hier basieren viele weiterführende Themen auf einem abrufbaren Grundlagenwissen.

Digitalisierung kann durch erweitertes Visualisieren von mathematischen Formeln, physikalischen-chemischen Prozessen oder biologischen Abläufen durchaus unterstützen. Die erforderlichen Fertigkeiten reduzieren sich allerdings auf die Nutzung von Multimedia7 und - in geringerem Maße - Toolfertigkeiten wie z.B. Matlab, Programmierumgebungen etc.

Kultur und Kulturverständnis

Der Mensch in der Gesellschaft unterliegt oft unausgesprochenen Zwängen der jeweiligen Kultur. Seien es Feiertage, Kunst oder auch Verhaltensweisen – sie alle sind kulturell und vielfach auch religiös geprägt.

So halte ich es für mehr als sinnvoll, Themen wie

  • Religion(en)8,
  • Ethik9 10,
  • Kunst und
  • Musik

nicht unter den Teppich zu kehren, wie es derzeit häufig zu sehen ist.

Auch die Wirtschaft und Industrie profitiert von entsprechend ausgebildeten Menschen, weil ihr Kulturverständnis die Kommunikation in der Internationalisierung erleichtert und Schranken erkennt bzw. sogar abbaut.

Wie bereits bei Sprache(n) und Sprachverständnis ermöglicht m.E. die Digitalisierung lediglich die Bereitstellung von Informationsmaterial.

Motorik

Nein, nicht alle Schulabgänger werden ihren Berufsalltag hinter dem Computer sitzend verbringen. Und auch die, welche dieses Schicksal trifft, werden eine gute Motorik als Vorteil und gesundheitlichen Faktor schätzen. So sollte es auch die Industrie und Wirtschaft als Basis für die Erhaltung der Arbeitskraft verstehen.

Grobmotorik

Den ganzen Körper gezielt bewegen zu können, wird von Sport natürlich massiv gefördert, was letztlich der Gesundheit zugute kommt. Schwimmen stellt zusätzlich einen Sicherheitsgewinn dar. Dementsprechend sollte es unsere Pflicht sein, in diesen Gebieten die Schüler und Auszubildenden zu fördern.

Digitalisierung bringt lediglich in kleinen Bereichen hochspezifischen Trainings Vorteile durch Nutzung von z.B. Videobeobachtung oder Tracker.

Feinmotorik

Deutlich näher an den Anforderungen des Arbeitslebens ist eine gezielte Förderung der Feinmotorik, angeregt durch Werken, Zeichnen und Handarbeit. Nicht nur, dass die Hände und Finger präziser arbeiten, dank Hand-Hirn-Kopplung verbessert sich zusätzlich die Denkfähigkeit, also die kognitiven Ressourcen.

Die Verwendung von Tools wie 3D-Druckern, CNC-Werkzeugen etc. stellt eine Möglichkeit der Digitalisierung dar, fällt aber letztlich m.E. nicht wirklich ins Gewicht für eine "globale Digitalisierung der Schule".

Fazit

Digitalisierung der Schule ist m.E. nur als Erweiterung des klassischen Unterrichts notwendig und sinnvoll. Medienkompetenz sehe ich als Teil des Sprachverständnisses sowie der Ethik. Man könnte hier aber auch von Kommunikationskompetenz sprechen.

Letztlich erscheint mir die „Digitalisierung der Schulen“ wie ein Buzzword, mit dem konzeptionelle Fehler in der aktuellen Bildungspolitik zu übertünchen und sich durch Lobbyismus der IT-Branche vor sich hertreiben zu lassen.

 

 

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