Grenzen der Meinungsfreiheit

In welch kuriosen Zeiten leben wir doch aktuell. Da wird die Weltbevölkerung von einem Virus gebeutelt und ein paar Mitmenschen wollen die Situation nicht wahrhaben und ergießen sich in wildeste Spekulationen.

Dabei sind mir zwei Umstände aufgefallen, die mir zu denken geben.

Können wir wirklich so schlecht damit umgehen, dass man mal „nichts weiß“?

Mit der Aufklärung haben wir uns  auf die Reise vom Glauben zum Wissen begeben und sind – mit Recht – stolz darauf. Speziell Darwin hat einen völlig neuen Blick auf die belebte Natur entwickelt, auch wenn Anhänger des reinen Glaubens lautstark Zweifel anmelden. Trotzdem haben wir die Wissenschaft zum neuen Gott erhoben.

Unser Wissen in belebter und unbelebter Materie hat unglaubliche Umfänge angenommen, die nach hochgradiger Spezialisierung schreien.

Das Wissen hat – dank Erfindung des Internets – im Gegensatz zu den vergangenen Zeiten eine unglaubliche Verbreitung und ständige Verfügbarkeit auf unseren Taschenhirnen1 erlangt, wobei die Informationen in immer öfter als Konzentrat und in geradezu fahrlässiger Verkürzung präsentiert werden.

Ist das aber noch Wissen?

Unabhängig davon scheint die Unwissenheit in Bezug auf z.B. Weltraum und Technologie durchaus gesellschaftlich akzeptiert zu sein. Bei unserem aktuellen Feind, dem Virus, ist das aber scheinbar nicht der Fall.

Warum tun wir uns so schwer, die Komplexität des Lebens zu akzeptieren und Wissensdefizite als Herausforderung und nicht als Manko zu sehen?

Warum wittern wir eine Weltverschwörung, obwohl die Evolution bereits mehr als genug natürliche Ursachen anbietet, ohne dass der Mensch seine Finger im Spiel hat2?

Vermutlich ist es eine neue Fähigkeit, die wir erlangen müssen und in den Lehrplan für unseren Nachwuchs aufzunehmen haben: Medienkompetenz im Sinne von Entschlüsselung komprimierter Informationen, Selektion nach Glaubwürdigkeit, Korrektheit und Vollständigkeit, gesunder Zweifel an Expertentum3.

Medienkompetenz sollte auch die Fallstricke und rhetorischen Methoden umfassen, die die Glaubwürdigkeit einer Aussage unterstreichen oder ad absurdum führen können.

Soviel dazu.

Gerade die Unvollständigkeit unserer Informationslage führt dazu, dass zwischen den Weltanschauungen Glaube und Wissen noch ein weiterer „Partner“ hinzugekommen ist – die Verschwörungstheorie – präzise – die Lüge4.

Jetzt wird es m.E. spannend. Ich bezichtige die Verschwörungstheorie der bewussten Lüge. Geht das so einfach?

Ich denke schon, wenn auch nicht von jedem, der sich ihrer bedient.

Echte Lügner sind in meinen Augen die Urheber von den zugrundeliegenden Mythen, da sie m.E. aus dem Umfeld der Wahrheit kommen, diese jedoch aus niederen Motiven heraus verfälschen, sie diskreditieren.

Was sind die Motive der Urheber?

In meinen Augen gibt es mehrere Primär-Motive, als da wären das persönliche Ego5, politische Ziele6, wirtschaftliche Vorteile7.

Den Verbreitern der resultierenden Mythen ist dabei oft kein (direkter8) Vorwurf zu machen, können sie den Wahrheitsgehalt kaum einschätzen.

Auch hieraus entsteht eine neue Forderung an die Medienkompetenz, an die Lehrpläne der Zukunft.

Aber auch die Politik muss lernen, zwischen Meinungsfreiheit und Falschmeldung zu differenzieren.

Gerade Parteien an den politischen Rändern werfen destruktiv Falschinformationen in den Raum, um auf sich aufmerksam zu machen, was unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit „toleriert“ werden soll.

Hier ist aber m.E. ein klares, hartes Eingreifen erforderlich. Aussagen, die nachweislich falsch sind, sind als Solche nicht zu tolerieren, ebensowenig wie retorische Fragen zur Diskreditierung korrekter Zusammenhänge.

Lügen dürfen nicht unter Meinungsfreiheit fallen, unabhängig wie „prominent“ die Urheber oder Wiederholer von Falschaussagen sind.

Schaut man sich die aktuellen Wortmeldungen gewisser C-Promis an, sollte in meinen Augen eine Prüfung der geistigen Gesundheit in Anbetracht gezogen werden.

Die Wahrheit muss auch mit wirksamen juristischen Mitteln geschützt und Lüge sanktioniert werden!

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