Sodom und Gomorrha – Kindergeburtstag im Vergleich zu Heute?
Die Epstein-Files: Dekadenz in Reinkultur
Die kürzlich wieder aufgekochten Epstein-Files lesen sich wie das Skript einer moralisch abgründigen Netflix-Serie – nur ohne Drehbuch, dafür aber mit echter Menschenverachtung. Namen fliegen durch den Raum wie Konfetti, und die Liste der Beteiligten liest sich wie das Who‘s Who der Machtelite: Milliardäre, Politiker, Adelige. Es geht um Missbrauch, Manipulation, Macht – und um das alte Spiel, bei dem Geld jede Sünde zudeckt.
Donald Trump, in dieser Geschichte ein Wiederholungstäter in Sachen Grenzüberschreitung, zeigt exemplarisch, wie tief die moralische Latte inzwischen liegt. Ob es um übergriffiges Verhalten, den Umgang mit Frauen oder schlicht um Empathielosigkeit geht – der Mann scheint jeden Knigge-Artikel zum Thema „Anstand„ als persönliche Herausforderung verstanden zu haben. Dass er dabei immer wieder ungestraft davonkommt, ist das eigentlich Erschütternde. Die Verrohung beginnt nicht bei den Taten, sondern bei der Gleichgültigkeit, mit der sie hingenommen werden.
Korruption als Weltsport
Wenn in früheren Jahrhunderten ein König ein paar Goldbarren verschwinden ließ, galt das als Skandal. Heute ist Korruption in so großem Maßstab institutionalisiert, dass sie kaum noch auffällt. Es geht längst nicht mehr um Taschen voller Geld, sondern um ganze Systeme, die darauf basieren, dass Nähe zu Macht stets belohnt wird – egal auf welchem Kontinent. In den USA verschwimmen die Grenzen zwischen Wirtschaftsinteressen und Politik zunehmend zu einem klebrigen Brei, in dem Wahrhaftigkeit keine Option mehr ist. Trumps Finanzgeflechte sind nur die Spitze des Eisbergs: Alles, was Einfluss, Profit und Rückendeckung verspricht, wird verwoben, gedehnt und verschleiert – bis niemand mehr weiß, was legal und was einfach nur schamlos ist.
Kompetenzverlust als Normalzustand
Auch in den USA zeigt sich: Fachwissen ist längst kein Kriterium mehr für politische Verantwortung. Wer laut genug ist, gewinnt Wahlen – nicht wer Ahnung hat. Das Militär, das Gesundheitswesen, das Bildungssystem – alles unter der Fuchtel von Menschen, die oft kaum den Unterschied zwischen Diplomatie und Twitter-Post erkennen. Die Weltpolitik wird zu einer Realityshow, und das Publikum schaut hilflos zu. Der Applaus gilt nicht den Fähigen, sondern den Lauten. Und jeder Tweet ist wichtiger als eine durchdachte Reform.
Deutschland – Insel der Inkompetenz?
Wer glaubt, das sei alles ein amerikanisches Problem, sollte einen Blick auf die politische Wetterlage in Deutschland werfen. Nein, hier gibt es keine Epstein-Inseln oder goldbeschichteten Privatjets – dafür aber eine Bundesregierung, die mit beängstigender Regelmäßigkeit an der Realität vorbeiregiert. Empathielosigkeit? Check. Lobbyhörigkeit? Doppelcheck. Fachliche Inkompetenz? Quasi Voraussetzung für die Besetzung eines Ministeriums.
In einer Zeit, in der Entscheidungen treffen Können und Verantwortung tragen Sollen eigentlich wieder cool sein sollten, sitzt halb Berlin im Dauer-Workshop „Wie vermeide ich Rückgrat, ohne dass es auffällt„. Das Gesundheitswesen ist zum Symbol des Scheiterns geworden – Jens Spahn lässt grüßen. Milliarden in Masken-Deals versenkt, während Pflegerinnen Überstunden schieben und Krankenhäuser um ihre Existenz kämpfen. Maskenaffäre? Ach was. Hauptsache, die Verbindungen stimmen.
Aber auch Dobrindt, Scheuer, Lindner und der Rest des Ensembles liefern zuverlässig Nachschub an politischem Zynismus. Während Autobahnprojekte versanden und Klimaziele verfehlt werden, philosophiert man lieber über „bürgernahe Kommunikation„. Übersetzt: Wir ignorieren die Bevölkerung mit einem Lächeln. Die Distanz zwischen Regierungsapparat und Bürgern ist längst ein Canyon geworden, und jedes Statement klingt wie von einem PR-Berater statt von einem Menschen.
Das große Ganze: Eine Werte-Amnesie
Was heute als normale Politik gilt, wäre vor zwanzig Jahren noch Rücktrittsgrund gewesen. Wir haben uns an Empathielosigkeit gewöhnt wie an Lärm in der Stadt – man hört ihn nicht mehr. Die politische Kultur, egal ob in Washington oder Berlin, hat den moralischen Kompass längst im Handschuhfach vergessen. Statt Visionen werden Dolchstoßlegenden gepflegt. Statt Aufrichtigkeit zählt der Spin. Und während das alles passiert, füttert man Social Media mit Worthülsen, um den Anschein von Bewegung zu wahren.
In dieser Phase kollektiver Selbstüberschätzung wirken selbst die schlimmsten Exzesse der Antike fast niedlich. Sodom und Gomorrha waren Städte voller Laster, ja – aber wenigstens ehrlich in ihrer Dekadenz. Niemand hat versucht, den Untergang als Innovation zu verkaufen oder den moralischen Verfall als Reformprozess zu labeln. Heute nennt man Zerstörung „Transformation„ und Korruption „strategische Partnerschaft„.
Der Zustand der Gesellschaft: Rausch ohne Reue
Der Zustand unserer Gesellschaft gleicht mittlerweile einem kollektiven Rauschzustand. Während wir über moralische Werte diskutieren, gehen sie uns gleichzeitig durch die Finger wie feiner Sand. Das Feuilleton schreibt über Haltung, während die Mächtigen das Wort für leere Pressekonferenzen recyceln. Moral ist zum Dekoartikel geworden – hübsch anzusehen, solange niemand fragt, was sie eigentlich bedeutet. Sodom und Gomorrha hatten wenigstens noch Charakter. Deren Fall war spektakulär, aber ehrlich. Unser Untergang dagegen geschieht schleichend, in Konferenzräumen mit schlechtem Kaffee und noch schlechterer Verantwortung.
Die neue Götterdämmerung: Macht ohne Moral
Schaut man auf die globale Bühne, sieht man keine Politiker mehr, sondern selbstinszenierte Heilsbringer, die ihre eigenen Heiligenscheine polieren. Trump, Putin, Xi – Variationen desselben Macht-Narrativs: Stärke ohne Gewissen. Ihr Einfluss beruht nicht auf Respekt, sondern auf Angst und Manipulation. Der Westen tut sich keinen Gefallen, wenn er diese Figuren kritisch betrachtet, während er dieselben Fehler im eigenen Spiegelbild übersieht. Wenn Politiker wie Olaf Scholz sich vor Erinnerungslücken retten, während Wirtschaftsfreunde aus allen Himmelsrichtungen anklopfen, weiß man: auch hier brennt das Feuer, nur eben diskreter.
Korruption in Deutschland? Natürlich wird sie gern als „politische Nähe“ verkauft. Lobbyismus als Kommunikationsplattform. Die Sprache wurde zum wichtigsten Werkzeug der moralischen Verschleierung. Während Milliarden in Beraterverträgen verschwinden, erklärt man uns ruhig, dass alles im Rahmen war. „Wir müssen die Prozesse verbessern“, heißt es dann. Übersetzt bedeutet das: Wir machen weiter, nur eleganter. Der Unterschied zu den antiken Städten? In Sodom lief der Untergang wenigstens in Echtzeit, nicht als Dauerstream mit PowerPoint-Untertitelung.
Empathie? Fehlanzeige.
Kein Wert ist in der Gegenwart so aus der Mode geraten wie Empathie. Politiker, Manager, Medien – alle verstecken sich hinter Formulierungen, die menschliche Kälte in Phrasen verpacken. Wenn in Deutschland die soziale Spaltung zunimmt, während ein Finanzminister von „schlankerem Staat„ träumt, weiß man: Das Mitgefühl ist dem Excel-Sheet geopfert worden. Die Menschen da draußen heißen in der politischen Sprache „Zielgruppen„. Der Bürger ist kein Mensch mehr mit Sorgen, sondern eine Variable im Stimmungsbarometer.
Und wenn die Gesellschaft dabei langsam implodiert, zuckt niemand mehr. Hauptsache, die eigene Pensionskasse stimmt. Medien helfen mit, indem sie statt zu recherchieren lieber kommentieren – natürlich mit moralischer Empörung in Klickbait-Portionen. Spiegel, Tagesschau & Co. bedienen längst keine Aufklärung mehr, sondern betreiben Erwartungsmanagement. Das Publikum will Drama, also bekommt es Drama. Nur eben ein inszeniertes.
Die Kunst der Diffamierung: Ideologien als Waffe
Wenn Argumente fehlen, bleibt immer noch das älteste Werkzeug der Macht: die Diffamierung. Egal ob in den USA, wo politische Gegner zu Staatsfeinden erklärt werden, oder in Deutschland, wo jede unbequeme Meinung sofort in die ideologische Ecke gedrückt wird – die Methode ist dieselbe, nur der Ton variiert. In Amerika ruft man „Communist„ oder „Traitor„, hierzulande genügt „rechts„ oder „populistisch„, um jede inhaltliche Diskussion im Keim zu ersticken. Ideologien werden nicht mehr gedacht, sie werden instrumentalisiert – als Knüppel gegen alles, was nicht ins gewünschte Narrativ passt.
Das eigentlich Perverseste daran: Diese Mechanik entleert Begriffe, die einst Gewicht hatten. Rassismus, Antisemitismus, Demokratiefeindlichkeit – alles wird zu politischer Munition im täglichen Schlagabtausch. Echte Verbrechen verschwimmen im Dauerfeuer der rhetorischen Übertreibung, während Täter und Opfer zu Spielfiguren in moralischen PR-Kampagnen werden. In den USA schwenken Extremisten Bibeln, in Deutschland Wortmarken wie „Verfassungsschutzrelevant„ – beide Seiten vereint in der Kunst, Angst als Währung zu nutzen. Der Diskurs ist tot, ersetzt durch moralische Selbstgerechtigkeit. Und jede Seite hält sich für die bessere von beiden.
Der Preis der Selbstgefälligkeit
Was passiert, wenn ein ganzes System sich selbst für unfehlbar hält? Es kollabiert – schleichend, leise, elegant. Wir sehen das in allen Bereichen: Bildung, Infrastruktur, Umweltpolitik. Deutschland stolpert von Krise zu Krise, aber die Reflexion bleibt aus. Stattdessen wird moderiert, besänftigt, relativiert. Karl Lauterbach twittert Studien, während Pflegekräfte ihre Wohnungen kündigen müssen, weil sie sich das Leben nicht mehr leisten können. Und während Lindner in Interviews über Generationengerechtigkeit philosophiert, fliegen Milliardenhilfen an Konzerne, die „strukturell relevant„ sind – also mit den richtigen Leuten connected.
Dieser Zynismus ist kein Zufall. Er ist das Endprodukt einer politischen Kultur, die Rückgrat mit Radikalität verwechselt. Anstand ist heute ein Risiko, Menschlichkeit eine PR-Option. Wer ehrlich ist, fliegt. Wer taktisch ist, überlebt. Die nächste Generation erlebt das hautnah – und zieht logischerweise ihre Lehren: Moral lohnt sich nicht. Willkommen in der neuen Altersvorsorge – moralische Apathie inklusive.
Religiöse Parallelen: Der Kult der Selbstrechtfertigung
Sodom und Gomorrha gingen unter, weil niemand mehr bereit war, innezuhalten. Heute ersetzt man Innehalten durch Hashtags und Empörung auf Abruf. Das System hat sich seine eigene Religion geschaffen: der Kult der Selbstrechtfertigung. Jeder Skandal ist sofort erklärbar. Jeder Fehltritt „aus dem Kontext gerissen„. Von der katholischen Kirche bis in die Chefetagen multinationaler Konzerne: Schuld ist nie individuell, sondern immer „systemisch„. Diese semantische Akrobatik ist das Weihwasser unserer Zeit.
Nur ist da ein Unterschied: Früher fürchtete man göttliche Strafe, heute fürchtet man schlechte PR. Glauben wurde durch Image ersetzt. Und wo einst Reue stand, steht heute der Satz: „Wir nehmen die Vorwürfe sehr ernst.„ Danach? Weiter wie bisher. Der Satz ist das Amen der Gegenwart – gesprochen mit feinem Sakko und mediengeschultem Lächeln.
Wenn das Volk schweigt
Die Masse, einst moralisches Korrektiv, hat sich in Passivität geübt. Wutverschleiß nennt man das, Massenfatigue. Zu viele Skandale, zu viele gebrochene Versprechen, zu wenig Hoffnung. Der Mensch stumpft ab. Im Supermarkt wird über Inflation geschimpft, aber bei der Wahl bleibt es beim kleinsten Übel. Demokratie lebt jedoch vom Rückgrat ihrer Bürger – und das scheint in den letzten Jahren ebenso weich geworden zu sein wie die politische Mitte selbst. Wer sich empört, wird diffamiert. Wer reflektiert, wird ignoriert. Und so bleibt alles, wie es ist – dekadent, moralisch pleite, aber gut geschminkt.
Vielleicht war der Untergang von Sodom und Gomorrha gar keine Strafe, sondern eine Erlösung. Manchmal braucht es das reinigende Feuer, um den Schutt zu beseitigen. Uns fehlt dieses Feuer – oder besser gesagt: der Mut dazu. Wir löschen lieber brav jede Glut, bevor sie ungemütlich werden könnte. Und dann wundern wir uns, dass der Himmel so grau geworden ist.
Schlussakkord: Der Tanz auf dem Vulkan
Jede Generation bekommt die Apokalypse, die sie verdient. Unsere bewegt sich in feinstem 4K, auf allen Plattformen gleichzeitig. Wir sehen den moralischen Verfall, wir twittern darüber, wir liken Artikel – und machen weiter, als sei nichts gewesen. Die Welt steht in Flammen, aber Hauptsache der Akku hält bis morgen. Während Menschenwürde verhandelbar wird und Ethik zur Nebensache, feiern wir Effizienz, Wachstum und Selbstoptimierung. Der Untergang hat heute WLAN und nennt sich Fortschritt.
Sodom und Gomorrha? Das war das Tutorial. Wir spielen inzwischen auf Expertenniveau. Nur ohne „Game Over„-Screen – denn unser moralischer Kompass hat längst die Batterie verloren. Vielleicht, ja vielleicht, braucht es keinen Meteorit, sondern nur den Moment, in dem wir merken, dass Vernunft und Anstand keine veralteten Features sind. Aber bis dahin bleibt die Party im Gange. Eintritt frei. Getränke inklusive. Ende offen.
